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Kostprobe | 07.04.2024 Noten zerkleinern mit Leonor de Lera

Die Notenwerte werden verkleinert, das Hörvergnügen vergrößert: Die Renaissance-Praxis des Diminuierens ist die Kunst, lange Melodiebögen in schnelle Läufe zu verwandeln. Die Geigerin Leonor de Lera hat diese Kunst perfektioniert.

CD-Cover: Arcadia | Bildquelle: Pan Classics

Bildquelle: Pan Classics

Kostprobe | 07.04.2024

Noten zerkleinern mit Leonor de Lera

Diminuieren – nein, das ist nicht die fünfte Grundrechenart nach Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren und Dividieren. Obwohl… für Musikerinnen und Musiker, die Renaissance-Musik spielen, vielleicht schon. Denn für sie gehört das Diminuieren zu den Grundlagen der historischen Aufführungspraxis.

LEBHAFTER

Dem Repertoire dieser Zeit, des 16. und frühen 17. Jahrhunderts, widmet sich die Geigerin Leonor de Lera seit über zehn Jahren – die Früchte dieser intensiven Beschäftigung, insbesondere mit der hohen Kunst des Diminuierens, präsentiert sie auf ihrer neuen CD mit dem Titel "Arcadia".

Diminution heißt Verkleinerung. Gemeint ist die Verkleinerung von Notenwerten einer beliebten Kantilene, um sie zu verzieren, zu variieren, lebhafter zu machen. Die langen Melodietöne werden also in schnellen Läufen und Wendungen umspielt, Intervallsprünge durch Skalen aufgefüllt.

ELOQUENT

So konnten Instrumentalistinnen und Instrumentalisten ihr Können zeigen, das Publikum mit ihrer Virtuosität verblüffen, ohne den Boden der ursprünglichen Melodie zu verlassen. Diese Art der Improvisation im Geiste des Originals erfordert von einer Interpretin unserer Zeit wie Leonor de Lera sehr große Erfahrung und ein Gespür für die musikalische Grammatik dieser Klangsprache. Umso wichtiger ist es, dass sie mit Nacho Laguna und Pablo FitzGerald zwei herausragende Begleiter hat, die in dieser Grammatik ebenso eloquent zuhause sind.

MAXIMALES VERGNÜGEN

Und die Melodien, die Leonor de Lera auf der neuen CD diminuiert? Stammen aus der arkadischen Tradition der Renaissance, beschwören oder karikieren ein mythisches ländliches Idyll nach dem Vorbild der antiken Hirtendichtung – ein beliebtes Sujet der italienischen Madrigaldichtung über fast zwei Jahrhunderte hinweg: von Adrian Willaerts Gackern der alten Dorfvetteln bis zu Claudio Monteverdis himmlischem "Lamento della Ninfa". Die Notenwerte werden auf dieser neuen CD zwar bis ins kleinste diminuiert, aber das Hörvergnügen auf jeden Fall maximiert.

Arcadia

Werke von Willaert, Verdelot, Caccini, Monteverdi u.a.
Leonor de Lera, Violine; Nacho Laguna, Theorbe und Barockgitarre; Pablo FitzGerald, Erzlaute und Barockgitarre
Label: Pan Classics

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 07. April 2024, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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