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Kostprobe | 17.10.2021 Pramsohler spielt französische Violinkonzerte

Er gehört zu den Besten derzeit - was der Barockgeiger Johannes Pramsohler anfässt, wird zu Gold. Auch auf seiner neuesten CD mit seinem Ensemble Diderot und frühen französischen Violinkonzerten ist wieder ein Stück entzückender als das andere. Und das, obwohl es in Frankreich im 18. Jahrhundert überhaupt nicht nach einem Erfolg der Gattung Violinkonzert aussah.

Concertos pour violon. The beginnings of the violin concerto in France | Bildquelle: © Audax Records

Bildquelle: © Audax Records

Wenn sich draußen die Welt verändert, will man das drinnen oft erstmal nicht wahrhaben. So war es auch im Frankreich des 18. Jahrhunderts. Als die ersten Violinkonzerte von Torelli oder Vivaldi nach Frankreich schwappten, mit ihrer exaltierten Zurschaustellung von Virtuosität, ihrer oberflächlichen Brillanz, ihrem Star-Kult, da hielt man das für eine barbarische Modetorheit aus dem verhassten Italien, die schon bald wieder vorübergehen würde.

Konzerte im neuen Stil

Aber das italienische Concerto war gekommen, um zu bleiben. Und während Frankreich offiziell noch lange an der guten alten Gambe festhielt, an den Idealen der Mäßigung, der Eleganz und der Noblesse, da wagten sich einzelne Franzosen schon ans Komponieren von Konzerten im neuen Stil - zunächst schüchtern, versteckt in Sonatensammlungen, dann immer offener und selbstbewusster, mal für nur eine, mal für gleich vier Solo-Violinen.

Allererste französische Violinkonzerte

Der Geiger Johannes Pramsohler und das Ensemble Diderot haben diese allerersten französischen Violinkonzerte wieder ausgegraben - und damit einen wahren Schatz gehoben. Denn auch wenn Komponistennamen wie Quentin, Aubert oder Exaudet heute völlig vergessen sind, erweist sich doch jedes ihrer Stücke als echte Perle, glänzt mit einer individuellen Besonderheit. Jacques Aubert zum Beispiel, damals Konzertmeister an der Pariser Oper, imitiert in seinem Konzert ein Glockenspiel - zum Steinerweichen schön. André-Joseph Exaudet, ehemals Mitglied des königlichen Orchesters, verblüfft dagegen mit einer extravaganten, minutenlangen Mammut-Kadenz, gespickt mit technischen Raffinessen. Und das Konzert von Michel Corrette, komponiert für die Comédie Francaise, entpuppt sich als mitreißendes Arrangement eines Schlagers von Rameau.

Italienisch-französischer Kulturtransfer

Ein Stück entzückender als das andere - und der Südtiroler Johannes Pramsohler und sein Pariser Ensemble Diderot sind wie geschaffen dafür: für diesen italienisch-französischen Kulturtransfer, diese Symbiose aus mediterranem Feuer und Pariser Eleganz, aus virtuosem Wagemut und zärtlichen Verzierungen. Da verrutscht nichts, da verschleift nichts, vollklingend und warm ist der Streichersatz, blitzsauber Pramsohlers Intonation selbst in den höchsten Lagen. Eine CD zum Niederknien. Und man versteht, warum die Franzosen am Ende doch noch süchtig geworden sind nach den virtuosen Verlockungen aus Italien.

Concertos pour violon. The beginnings of the violin concerto in France

Leclair, Corrette, Aubert, Exaudet, Quetin.
Ensemble Diderot, Leitung: Johannes Pramsohler
Label: Audax Records

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 17. Oktober 2021, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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