Hochzeiten auf Schloss Versailles waren ein Ereignis. Dank Alexis Kossenkos Doppel-CD können wir mit beim Hochzeitsbankett mit dabei sein. Glanz und Gloria von einem riesigen Originalklangorchester.
Bildquelle: Chateau de Versailles
Meisterwerke barocker Symphonik, wie Bachs Brandenburgischen Konzerte, Händels Concerti grossi oder Telemanns Ouvertüren-Suiten wurden damals nur mit wenigen Musikern gespielt. Wenn zwei Dutzend zusammenkamen, war das schon eine große Besetzung. Ein Orchester mit über 70 Musikern war in der Barockzeit kaum vorstellbar, die reine Gigantomanie, einfach unbezahlbar. Es sei denn, man war der Herrscher Frankreichs und es gab etwas Großes zu feiern.
Zwar war nach dem Siebenjährigen Krieg Ebbe in der französischen Staatskasse, doch das interessierte Ludwig XV. nicht. Der alte König machte sich Sorgen um seine Dynastie. Denn seine drei Enkel als potenzielle Thronanwärter waren noch unverheiratet. Also wurden zwischen 1770 und 1773 drei Hochzeiten in Schloss Versailles gefeiert. Und zwar mit allem Pomp, den man sich nur vorstellen kann. Mit Bällen, Theateraufführungen und dem großen Festmahl. Für diese prunkvolle Tafelmusik beauftragte der König seinen obersten Hofmusicus Francois Francoeur.
Wie diese Hochzeitsbankettmusik damals geklungen hat, das hat der Dirigent Alexis Kossenko erforscht, ediert und jetzt auf einer neuen Doppel-CD prachtvoll im Originalklang eingespielt. Francois Francoeur hat die Tafelmusik gar nicht selbst komponiert, sondern eine Hochzeitsplaylist zusammengestellt, neu arrangiert und mitunter auch umkomponiert. Dazu benutzte er bekannte Instrumentalstücke aus französischen Opern, von sich selbst natürlich und von zahlreichen Kollegen wie Rameau, Rebel, Royer, Trial, Mondonville oder Dauvergne. Diese bearbeiteten Stücke kompilierte der barocke Hochzeits-DJ Francoeur zu vier langen Suiten, bei denen nicht nur geschritten, sondern auch mal getanzt werden konnte.
Um auf die erforderlichen 70 Musiker zu kommen hat Alexis Kossenko sein eigenes junges Ensemble Les Ambassadeurs mit den Originalklangpionieren von La Grande Écurie vereint. Wenn Überschwang auf Erfahrung trifft, kann das auch mal schiefgehen. Doch Kossenko hat daraus ein Orchester wie aus einem Guss geformt, das mal getragen-feierlichen, mal tänzerisch-flotten, immer aber festlichen Wohlklang erzeugt. Die Simphonie du Festin Royale bieten jede Menge Glanz und Gloria, Prunk und Pomp. Originalklang dieser Größenordnung und Qualität ist höchst selten. Prachtvoller kann Hochzeitsmusik nicht klingen.
Francois Francoeur, Jean-Joseph Cassanéa de Mondonville, Jean-Philippe Rameau u.a.
Les Ambassadeurs & La Grande Écurie
Alexis Kossenko (Leitung)
Label: Chateau de Versailles
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 1. Oktober 2023, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK