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Kostprobe | 18.06.2023 Urban Strings mit Bach, Biber, Pachelbel

Vis à vis mit den Urban Strings rund um Barockgeiger Georg Kallweit: Musik von Bach, Biber und Pachelbel, aufgenommen von "Angesicht zu Angesicht", um die dialogische Struktur der Stücke auch aufnahmetechnisch abzubilden.

Vis à vis – Bach, Biber, Pachelbel | Bildquelle: © Raumklang

Bildquelle: © Raumklang

Urban Strings – das klingt wie urban gardening oder urban outfitters: eben urban und hipp. Vorbei die Zeiten, als sich Alte Musik-Ensembles Akademie oder Collegium nannten. Heute heißen sie eben Urban Strings, wie das Ensemble von Konzertdesigner Folkert Uhde und Barockgeiger Georg Kallweit, der vor allem als Konzertmeister einer der traditionellen Akademien bekannt ist, nämlich der Akademie für Alte Musik Berlin – die wiederum ist freilich musikalisch wesentlich aufregender als ihr spröder Name suggeriert. Bezeichnenderweise sind die Urban Strings im Berliner Radialsystem entstanden, dem Inbegriff einer unverbrauchten, alternativen, weltstädtischen Konzertkultur.

Dialogisches Musizieren

Die Urban Strings in der Besetzung mit Georg Kallweit und Tabea Höfer, Violinen, Walter Rumer, Violone, und Leo van Doeselaar, Orgel, haben eine CD herausgebracht mit Musik von Bach, Biber und Pachelbel – Musik, die sie vis à vis, also von Angesicht zu Angesicht eingespielt haben. Das bezieht sich auf die zwei Violinen, die gegenüber platziert sind und eine Art Trapez mit den beiden Continuo-Instrumenten bilden, der Orgel und dem Violone. Das ermöglicht dialogisches Musizieren und Raumeffekte, die auch aufnahmetechnisch zur Geltung kommen.

Die Essenz der Musik

Dieses Vis à vis Musizieren folgt einerseits einer barocken Praxis, hat aber auch den Sinn, die Stimmführung als Essenz der Werke deutlicher zur Geltung zu bringen. Dafür greifen die Urban Strings auch stellenweise in den historischen Notentext ein. Zum Beispiel in der sogenannten "Schutzengel"-Passacaglia aus den Rosenkranz-Sonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber.

Sie ist eigentlich für Violine solo komponiert, wobei der Solist oder die Solistin sowohl die Basslinie aus vier absteigenden Tönen spielt als auch die Variationen in der Oberstimme. Auf der CD wird der Tonsatz auf zwei Instrumente aufgeteilt: Georg Kallweit übernimmt die Basslinie auf der Viola, Tabea Höfer die Oberstimme auf der Violine. Und tatsächlich: die unterschiedlichen Register erhöhen die Transparenz – wenn auch auf Kosten des von Biber intendierten polyphonen Solospiels.

Im barocken Geist

Vis à vis: ein intelligent konzipiertes Album, das relativ bekannte Werke neu beleuchtet. Die Urban Strings verstehen es, das Feuer dieser Musik auf analytischem Wege zu entfachen, weniger durch oberflächliche Ausdrucksgesten. Zwar nicht immer nach dem vermeintlichen Urtext, aber durchaus im barocken Geist – und mit bestechender Musikalität.

Vis à vis

Bach, Biber, Pachelbel
Urban Strings, Georg Kallweit
Label: Raumklang

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 18. Juni 2023, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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