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Kostprobe | 20.09.2020 "What’s next Vivaldi?"

"What’s next Vivaldi?" fragen Patricia Kopatchinskaja, Giovanni Antonini und Il Giardino Armonico auf ihrer neuen CD. Und antworten mit einer spannenden Dramaturgie, die eine Brücke von Vivaldis Musik bis in die Gegenwart schlägt.

CD-Cover: "What's next Vivaldi?" | Bildquelle: © Alpha

Bildquelle: © Alpha

Igor Strawinsky wird das etwas boshafte Bonmot zugeschrieben, Antonio Vivaldi habe ein und dasselbe Konzert 500 Mal komponiert. Man könnte ebenso augenzwinkernd hinzufügen: Und jedes Barockorchester hat es gefühlt 500 Mal aufgenommen. Bei der Fülle an CD-Einspielungen von Vivaldi braucht es schon eine zündende Idee, warum man noch eine weitere hinzufügen sollte.

Blick auf Vivaldi

Also: "What's next Vivaldi"? Wie geht es weiter mit Vivaldis Musik? Darüber haben sich die Geigerin Patricia Kopatchinskaja, der Blockflötist Giovanni Antonini und das Barockorchester Il Giardino Armonico so ihre Gedanken gemacht. Das Ergebnis: eine Vivaldi-CD mit einem sehr persönlichen, aber eben nicht willkürlichen, sondern künstlerisch nachvollziehbaren Blick auf Vivaldi.

Musik als Droge

Wie ein Schlag und eine Droge sei es gewesen, erinnert sich Patricia Kopatchinskaja, als sie das erste Mal Il Giardino Armonico hörte; die waghalsige Spielweise und Artikulation habe sie an die Volksmusik ihrer Eltern in Moldawien erinnert. Und diese Reminiszenz wirft sie immer wieder ein: etwa wenn der zweite Satz des Konzerts "Il Grosso Mogul" bei Kopatchinskaja rein durch die Ornamentik - ohne eine Note von Vivaldi zu ändern - plötzlich klingt wie beim Primas einer Roma-Kapelle.

Auch die improvisierten Kadenzen sind voller augenzwinkernder Anspielungen: etwa im Konzert "La Tempesta di Mare", der Seesturm, wo sich Solistin und Orchester durch die Gespenster aus dem Hollywood-Blockbuster "Pirates of the Caribbean" inspirieren lassen. Ein Fingerzeig, dass jede Interpretin, jeder Interpret - und seien sie noch so historisch informiert - in ihrer unmittelbaren Gegenwart verwurzelt sind, ob sie wollen oder nicht. Apropos "Gegenwart": zwischen Vivaldis Konzerten bilden fünf Stücke von zeitgenössischen italienischen Komponisten eine weitere Brücke in unsere Zeit. Die Bandbreite reicht von weltmusikalisch angehauchtem Crossover bei Giovanni Sollima über das postmoderne Spiel mit der barocken Virtuosität bei Luca Francesconi bis hin zu intensiven Klangflächen bei Simone Movio.

Effektvoll

Alle die vielfältigen Ebenen sind sehr sinnstiftend miteinander verknüpft. Die Dramaturgie wirkt wie aus einem Guss und lebt dennoch vor allem von den effektvoll eingesetzten Kontrasten. "What's next Vivaldi?" - Patricia Kopatchinskaja, Giovanni Antonini und Il Giardino Armonico haben eine Idee davon, was uns Vivaldi auch nach dreihundert Jahren noch zu sagen vermag.

"What's next Vivaldi?"

Werke von Antonio Vivaldi, Bela Bartók, Giovanni Sollima, Luca Francesconi u.a.
Patricia Kopatchinskaja, Violine; Il Giardino Armonico; Giovanni Antonini, Blockflöte und Leitung
Label: Alpha

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 20. September 2020, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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