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Alfred Deller Legendärer britischer Countertenor

In der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts war es noch Pionierarbeit, Musik der Renaissance und des Früh- und Hochbarocks aufzuführen. Einer der bedeutendsten Sänger damals war der Engländer Alfred Deller (1912, Kent - 1979, Bologna) – ein moderner Countertenor.

CD-Cover: Alfred Deller: Porträt einer Legende | Bildquelle: © Harmonia Mundi

Bildquelle: © Harmonia Mundi

"Ich habe einfach nie aufgehört zu singen wie ein neunjähriger Knabe, so ist das eben. Ich fühle mich immer noch wie ein kleiner Junge."

So einfach wie unerklärlich begründete Alfred Deller selbst das Wunder seiner Stimme. Der einstige Knabensopran konnte auch nach dem Stimmbruch in hoher Lage singen. Das hört sich leicht an, doch kommt es extrem selten vor, dass ein Sänger über einen natürlichen Altus verfügt, also eine Stimme, die nicht ins Falsett kippt, wenn sie in hoher Lage singen.

KASTRAT ODER COUNTERTENOR?

Die Partien für hohe Männerstimmen waren seit der Barockzeit für Kastraten gedacht, eine seit Beginn des 20. Jahrhunderts ausgestorbene Klangfarbe. Kein Wunder, dass die überirdisch anmutende Stimme von Alfred Deller im England der 40er-Jahre zur Sensation wurde.

ALTE MUSIK, ABER AUCH MUSIK DER GEGENWART

Die weiche und zugleich kraftvolle Art zu singen machte Alfred Deller zum idealen Interpreten elisabethanischer Lieder, allen voran von Henry Purcell und John Dowland. Und obwohl Alfred Deller natürlich auch die Komponisten seiner Zeit inspirierte - unter anderem schrieben ihm Michael Tippett und Benjamin Britten Partien auf den Leib - widmete sich dieser sein Leben lang der Wiederentdeckung Alter Musik, vorwiegend aus England und Italien. Darin setzte er Maßstäbe, die bis heute nicht wieder erreicht wurden.

UNVERGESSEN

2009, 30 Jahre nach Dellers Tod und anlässlich der Veröffentlichung einer DVD mit Interviews und Aufnahmen mit dem begnadeten Sänger, konstatiert der Spiegel:

"Im Konzert und bei Aufnahmen begleiteten ihn seit den 50er-Jahren nicht zufällig junge Musiker wie Nikolaus Harnoncourt, Wieland Kuijken und William Christie. Leute, die von hier ausgehend die Szene revolutionierten. Umso erstaunlicher, dass die Innigkeit, der melancholische Schmelz und der erotisch changierende, sexuell zweideutige Seelenton dieser Stimme nie mehr auch nur ansatzweise erreicht wurden."

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 3. Juni 2012, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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