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Clemens non Papa Wichtiger Vertreter der franco-flämischen Vokalpolyphonie

Der Renaissance-Komponist Clemens non Papa hieß eigentlich Jakob Clement. Wie er zu seinem kuriosen Beinamen kam, daran scheiden sich die Geister. Es gibt dazu aber eine interessante These.

Bell Tower und der Altstadt von Brügge in Belgien | Bildquelle: colourbox.com

Bildquelle: colourbox.com

Non Papa, Clemens. Eigentlich Jacob Clement. Frankoflämischer Musiker der Renaissancezeit. Geboren zwischen 1510 und 1515, möglicherweise in Dordrecht, gestorben 1555 oder 1556 vielleicht in Diksmuide.

Mit Beinamen ist es so eine Sache. Oft verweisen sie auf wenig schmeichelhafte Eigenschaften. Man denke nur an Iwan den Schrecklichen oder die zum Cocktail gewordene Bloody Mary. Bei Musikern scheint die Sachlage unverfänglicher: Johann Adolf Hasse wurde von den Italienern als "il divino sassone", der göttliche Sachse bezeichnet und Vivaldis Spitzname "roter Priester" verweist auf keine blutigen Leichen im Keller, sondern auf seine Haarfarbe und den geistlichen Stand. Zur Geistlichkeit war wohl auch Clemens non Papa zugehörig. Doch was hat es mit seinem Beinamen "non Papa" auf sich?

Übersetzen lässt der sich mit "nicht der Papst". Tatsächlich hat es einen Papst Clemens gegeben, der zeitgleich mit unserem Komponisten gelebt hat, zumindest in dessen jungen Jahren. Der gleichnamige Papst ist 1534 verstorben, da war Clemens non Papa wahrscheinlich noch keine 20. Er stammte zeitgenössischen Quellen zufolge aus dem Gebiet der heutigen Niederlande. Erstmals ins Rampenlicht der Musikgeschichte getreten ist er mit der Veröffentlichung einiger Chansons. Auf den Titelblättern seiner Musikdrucke erscheint später der Name "non Papa". Gelegentlich wird er auch als "Clemens haud papa" bezeichnet, also "Clemens keineswegs der Papst".

Päpstlicher als der Papst? Ganz im Gegenteil!

Dass eine Verwechslungsgefahr mit Papst Clemens der Grund für den kuriosen Beinamen war, gilt als unwahrscheinlich. Wahrscheinlich ist er vielmehr auf das überaus "unpäpstliche" Benehmen des Komponisten zurückzuführen. Das bezeugt ein Briefwechsel des späteren Kaisers Maximilian: der war auf der Suche nach Sängern für seine Hofkapelle und wollte Clemens non Papa dafür gewinnen. Sein Ruf als Komponist und Sänger war nämlich erstklassig. Trotzdem wurde Maximilian von seinem Mittelsmann abgeraten, Clemens non Papa in seine Dienste zu nehmen. Er sei ein großer Trunkenbold und Wüstling, so das harte Urteil. Also keineswegs der Papst eben.

Mit der Anstellung bei Maximilian wurde es also nichts. Und auch sonst ist nur wenig über seinen Werdegang bekannt. Wahrscheinlich war er Vizekapellmeister in Brügge, möglicherweise auch in Leiden und Ypern tätig.

Sein "unpäpstliches" Benehmen tat seinem künstlerischen Schaffen keinen Abbruch. Im Gegenteil: ein ungewöhnlich großes Werk in allen wichtigen Gattungen seiner Zeit hat er hinterlassen: Messen, Motetten, Chansons und niederländische Psalmvertonungen. Schon seit der Mitte des letzten Jahrhunderts sind seine Werke in einer Gesamtausgabe zugänglich, nur eingesungen und gespielt werden sie eher selten. Zu Unrecht: Denn Clemens non Papa zählt zu den wichtigsten und mit Sicherheit produktivsten Vertretern der sogenannten franco-flämischen Vokalpolyphonie.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 15. Januar 2023, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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