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Norddeutsche Orgelschule Höhepunkt der weltlichen Orgelmusik im Barock

Großartige, fantastische und berauschende Musik für die Königin der Instrumente wollten die Komponisten schreiben – beflügelt durch Orgeln, die großen Farbreichtum zuließen, weil sie von wahren Meistern ihres Fachs erbaut wurden.

St. Marien-Kirche Lübeck | Bildquelle: © Phasus

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"Mit consens Meiner HochgeEhrten Herren Vorsteher, bin am vergangenen Montag nach Hamburg umb daselbst, wegen unserer beiden Orgeln, so eine Haubt Renovation höchst bedörffen, mit dem Orgelmacher Arp Schnitker zu reden, auch zu gleich seine in St. Nicolai Kirchen, costi gantz new gemachte große Orgel zu besehen und zu hören. Welches Werck mit gutem Success und jeder männiglichen Vergnügen verfertigt worden, auch selbsten als mit gutem Contentement befunden und probiret habe." Dieterich Buxtehude

Gleich drei Superlative gibt es in diesem Zitat zu hören: der erwähnte Arp Schnitger gilt als bedeutendster Orgelbauer des norddeutschen Barocks. Die Orgel in der Hamburger St. Nikolai-Kirche war damals die größte im deutschsprachigen Raum (vielleicht sogar weltweit); leider existiert sie heute nicht mehr. Und notiert hat diese Zeilen Dieterich Buxtehude, der wichtigste Vertreter der so genannten norddeutschen Orgelschule.

GRÖSSER, LAUTER, PRÄCHTIGER

Ab dem 17. Jahrhundert entwickelte sich in den Gebieten an Nord- und Ostsee eine große Begeisterung für hochartifizielles Orgelspiel: Organisten, Orgelkomponisten und Orgelbauer beflügelten sich da gegenseitig, wenn es darum ging, noch mehr Klangfarben durch noch größere Instrumente zu erreichen. Und auch: noch mehr Geläufigkeit im Pedalspiel, eine wirkliche Eigenständigkeit der mit den Füßen gespielten Bass-Stimme. Johann Mattheson berichtet etwa von Nicolaus Bruhns, dass er gerne gleichzeitig Geige und Orgel spielte:

"So hatte er die Gewohnheit, dann und wann auf seiner Orgel die Veränderung zu machen, daß er die Violine zugleich, mit einer sich dazu gut-schickenden Pedalstimme gantz allein, auf das annehmlichste, hören ließ." Johann Mattheson; aus: Grundlage einer Ehrenpforte

STRAHLKRAFT BIS IN DIE NACHBARLÄNDER

Auch in Dänemark oder Schweden orientierten sich die Musiker an der äußerst kunstvollen Orgelmusik, die von Heinrich Scheidemann, Samuel Scheidt oder Vincent Lübeck auf den prächtigen Instrumenten in norddeutschen Kirchen gespielt wurde. Die Toccaten, Fugen oder Präludien - auch die Ostinato-Werke - zählen zum Fantastischsten, was in der Kompositionskunst dieser Zeit vollbracht wurde. Mancher nennt diese Musik "Hanseatischen Orgelbarock", mancher nennt sie einfach "Musik der Norddeutschen Orgelschule", aber natürlich ist so ein Begriff viel zu nüchtern für diese so berauschende Musik.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" am 22. Mai 2022, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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