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6. April 1897 - Brahms wird beerdigt Letzte Ehre für einen Giganten

Es ist ein unendlicher Trauerzug, der sich Punkt 14.30 Uhr vor dem schwarz ausgekleideten Sterbezimmer in Bewegung setzt. Tausende von Menschen säumen die Straßen. Alle erweisen sie dem in ganz Europa berühmten Komponisten Johannes Brahms die letzte Ehre.

Johannes Brahms Leichenzug, 6. April 1897; Der Leichenzug zwischen Karlsgasse und Lothringerstraße; im Hintergrund das Musikvereinsgebäude | Bildquelle: picture alliance / akg

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Bild: Johannes Brahms' Leichenzug, 6. April 1897

Delegationen des Hamburger Senats, der Berliner Philharmoniker und der Berliner Akademie der Künste sind da, Professoren und Schüler des Konservatoriums, Vorstände aller in- und ausländischen Musikgesellschaften, Dirigenten wie Felix Weingartner und Arthur Nikisch, die Komponisten Antonín Dvorák und Feruccio Busoni, der Verleger Fritz Simrock, schließlich der Wiener Kreis mit Max Kalbeck, Julius Epstein, Ludwig Bösendorfer und anderen.

Wenn mir eine hübsche Melodie einfällt, ist das mir das lieber als ein Leopoldsorden.
Johannes Brahms

Prunkvoller Staatsakt

Angeführt wird der Trauerzug von einem berittenen Standartenträger mit lorbeergeschmücktem Banner - dahinter Laternenreiter, sechs Blumenwagen mit Kränzen und Gebinden und schließlich der von Windlichtern umgebene gläserne Sarg. Was für ein Prunk! Ob Brahms mit diesem Staatsakt glücklich gewesen wäre? Er, der unprätentiöse Künstler, der einen einfachen Lebensstil bevorzugte, seine Orden in einer Schuhschachtel aufbewahrte und über seine zahlreichen Auszeichnungen nur lakonisch äußerte: "Wenn mir eine hübsche Melodie einfällt, ist das mir das lieber, als ein Leopoldsorden." Jetzt liegen die Orden auf einem roten Samtkissen ausgebreitet. Und die Zeitungen zählen Brahms' Ehrenmitgliedschaften auf.

Chöre, Reden, Kranzniederlegungen

Der Komponist Johannes Brahms | Bildquelle: picture-alliance/dpa Johannes Brahms | Bildquelle: picture-alliance/dpa Verantwortlich für die Aktion zeichnet die Gesellschaft der Musikfreunde. Sie hat den Tag zur Ehre ihres ehemaligen Konzertdirektors organisiert. An der Spitze des Trauerzugs schreitet denn auch das Präsidium mit seinem jetzigen Direktor, dem ehemaligen Brahms-Schüler Richard von Perger. Er soll später die Grabrede halten. Doch noch singt der Männerchor, gibt es zwischendurch Kranzniederlegungen, gedenkt der Pfarrer jenes "Hohepriesters im Heiligtum des wahrhaft Schönen", der in seinen letzten "Vier ernsten Gesängen" mit Menschen- und Engelszungen geredet habe: "Herzerhebendes, seelenvolles Tönen…denn er hatte der Liebe ein reiches und ein volles Maß."

Ewige Ruhe neben Schubert und Beethoven

Nach drei Stunden erreicht der Menschenstrom endlich den Zentralfriedhof. Fackelträger begleiten den Sarg zum offenen Grab. Doch Brahms wird noch einmal umgebettet. Die ewige Ruhe findet er erst einige Wochen später in einem Ehrengrab - ganz nah bei Beethoven und Schubert.

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