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Film-Premiere in Berlin "Ein Lied geht um die Welt" mit Joseph Schmidt

Für den Hauptdarsteller war der Film über die Laufbahn eines Sängers eigentlich ein großer Erfolg. Doch da der Tenor Joseph Schmidt Jude war, flüchtete er noch im selben Jahr aus Deutschland. Klugerweise, denn schon bald war der Film verboten, trotz des Erfolgs ...

Joseph Schmidt und Charlotte Ander in 'Ein Lied geht um die Welt', 1933 | Bildquelle: SZ Photo

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(Bild: Joseph Schmidt und Charlotte Ander im Film "Ein Lied geht um die Welt")


Berlin, 09. Mai 1933. Der UFA-Palast am Zoo in Berlin. Eins der größten Kinos Deutschlands – es ist seit Tagen ausverkauft. Über 2.000 Menschen fiebern dem Hauptfilm entgegen, der an diesem Abend erstmals vorgestellt wird. Als Vorprogramm flimmert die Wochenschau zum "Tag der Arbeit" über die Leinwand. Nazi-Propaganda, wie sie in Deutschland Alltag ist, seit Hitlers Machtergreifung.

Premiere des Films "EIn Lied geht um die Welt"


Joseph Schmidt ist der Hauptdarsteller des Films, ein Star des frühen Rundfunks; seine Tenorstimme wird gefeiert. Mit der Opernbühne jedoch tut er sich schwer, er ist mit knapp über einem Meter fünfzig zu klein. Doch beim Film kommt er an. "Ein Lied geht um die Welt" – so heißt der Streifen, dessen Premiere jetzt in Berlin erwartet wird. Der Film sollte eigentlich "Der Sänger des Volkes" heißen. Aber das passt den Nazis nicht – denn Joseph Schmidt ist Jude. Im Radio darf er schon nicht mehr singen.

Der Hauptdarsteller sitzt zuhause

Im UFA-Palast sitzt auch NS-Propagandaminister Joseph Goebbels. Er gilt als Fan von Joseph Schmidt. "Möge in Deutschland in der Judensache kommen, was wolle, Schmidt bleibt immer der Unsrige. Wer Jude ist und wer nicht, bestimme ich!", so wird Goebbels zitiert. Doch Joseph Schmidt bereitet sein prominenter Fan Unbehagen. Während bei der Premiere Begeisterungsstürme für "Ein Lied geht um die Welt" losbrechen, sitzt er zu Hause. Sein Platz im UFA-Palast bleibt leer.

Begeisterter Empfang für Joseph Schmidt

"Ein Lied geht um die Welt" erzählt ein bisschen auch seine Geschichte: Ein klein gewachsener Sänger wird trotz aller Widrigkeiten im Rundfunk zum Publikumsliebling. In der Vorführungspause der Premiere ruft der Direktor der Universum Film AG – kurz UFA – Joseph Schmidt an. Der Sänger müsse sofort kommen. Die Menge tobt, ein Riesenerfolg – nur der Star des Abends fehlt. Schmidt lässt sich überzeugen und wird im Kino begeistert empfangen, jede seiner Gesangsnummern auf der Leinwand wird jetzt mit überschwänglichem Szenenapplaus vom Publikum gefeiert.

Tod als Flüchtling

"Möge dieses Lied um die Welt gehen, es wird übertönt werden vom Lied der nationalen Revolution", heißt es in der Nazi-Zeitung "Völkischer Beobachter" nach der Premiere. Joseph Schmidt weiß, welche Gefahr ihm droht. Er wird Deutschland noch 1933 verlassen – der Beginn einer tragischen Odyssee durch ein Europa, das nach und nach im Würgegriff der Nazis zur Todeszone für die jüdische Bevölkerung wird. Joseph Schmidt stirbt 1942 als mittelloser Flüchtling in der Schweiz, mit nur 38 Jahren. "Ein Lied geht um die Welt" ist da in Deutschland längst verboten.

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Ein Lied geht um die Welt, Joseph Schmidt | Bildquelle: EinLiedgehtumdieWelt (via YouTube)

Ein Lied geht um die Welt, Joseph Schmidt

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Sendung: "Allegro" am 09. Mai 2023 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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