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Mesmer, der Magnetiseur Scharlatan oder Begründer einer neuen Lehre?

Itznang, 23. Mai 1734. Franz Anton Mesmer wird geboren. Bekannt wird er für seine Theorie vom "Animalischen Magnetismus". Hierbei werden die Selbstheilungskräfte des Körpers durch einen Magnetiseur aktiviert. Nur, der Magnetiseur ist Mesmer selbst und seine Behandlungsmethoden gleichen Seancen, in denen er selbst als eine Art Magier auftritt. Was die Frage aufwirft: Ist er wirklich ernstzunehmen?

Franz Anton Mesmer, Kupferstich von Louis Legrand  | Bildquelle: picture alliance / ÖNB-Bildarchiv/picturedesk

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Die Behandlung ist eine Gruppentherapie. Eine Gruppe von Menschen, betroffen von unterschiedlichen Gebrechen, findet sich zusammen, um gemeinsam geheilt zu werden. Dazu versammelt man sich um einen Eichenzuber, der mit magnetisiertem Wasser gefüllt ist. Von diesem Zuber stehen Metallstangen ab. An jede dieser Metallstangen presst sich nun jeweils ein Patient oder eine Patientin mit dem betroffenen Körperteil.

Der Raum ist von Weihrauchschwaden erfüllt

Im 18. Jahrhundert ist es noch nicht so weit her mit der Diskretion. Nach anderen Angaben sind die Patienten per Seil mit den Stangen verbunden. Der Raum ist erfüllt von Weihrauchschwaden und den Klängen einer Glasharmonika. Und jetzt betritt der Meister die Szene: Franz Anton Mesmer selbst erscheint, schwingt seinerseits einen Metallstab und versetzt seine Patienten in Trance. Sie lachen, sie schreien, sie winden sich. Und manch einer fühlt sich danach geheilt. Soweit die Überlieferung. Mesmer verbreitet schließlich die Theorie, dass sogar allein sein Handauflegen sich heilend auf den menschlichen Organismus auswirke, in dem es das sogenannten oder "Feuer des Lebens" oder "Fluidums" entfachen bzw. zum Fließen bringen könne.

Mesmer hat berühmte Patienten

Die blinde Pianistin und Komponistin Maria Theresia von Paradis (1759-1824), Porträt, Radierung, 1784, von Faustine Parmantie | Bildquelle: picture-alliance / akg-images Die Pianistin Maria Theresia von Paradis, eine Patientin Mesmers | Bildquelle: picture-alliance / akg-images Da Mesmer in den höchsten gesellschaftlichen Kreisen in Wien verkehrt, ist er mit vielen Künstlern und Prominenten bekannt. Zu seinen Freunden zählen unter anderem Joseph Haydn, Willibald Gluck und die Familie Mozart. Und nicht wenige von ihnen lassen sich auch von Mesmer behandeln. Als berühmtestes Beispiel geht die blinde Pianistin Maria Theresia von Paradis in die Geschichte ein. Allerdings als Fehlschlag. Auch mehrmalige Anwendungen und Behandlungen bringen nicht den gewünschten Erfolg. Maria Theresia bleibt blind und Zweifel an der "Methode Mesmer" stellen sich ein. Ist es vielleicht nur seine charismatische Art, die die Kranken in seinen Bann zieht? Ist es die Inszenierung seiner vermeintlich "magischen Fähigkeiten"?

Mesmer flüchtet nach Paris

Ein Gremium aus Wissenschaftlern von der medizinischen Fakultät in Wien ist sich einig, dass Franz Anton Mesmer ein Scharlatan ist. Als der Schaden für seinen Ruf nicht mehr abzuwenden ist, verlässt Mesmer die Musikstadt und beginnt in Paris von vorne. Und wieder geschieht dasselbe: Er therapiert, er fasziniert, er gewinnt Anhänger und wird von den Medizinern seiner Zeit entthront.

Der Animalische Magnetismus

Der "animalische Magnetismus" etabliert sich nicht als anerkannte Heilmethode, zu nah ist er dem Okkultismus, zu nah dubiosen Verfahren wie dem Gedankenlesen und dem Hellsehen. Dennoch: Mesmer, der "große Meister der Suggestion" hinterlässt Fußspuren im Staub der Geschichte. Seine Experimente und Forschungen sind einer der Ausgangspunkte für die Weiterentwicklung hypnotherapeutischer Verfahren. Und ist die Kraft der Suggestion wirklich schlechter als Aderlass und Bleikuren?

Für immer der geheimnisvolle "Magnetiseur"

Wie auch immer, in der Kunst bleibt die Erinnerung an Mesmer lebendig: Wolfgang Amadeus Mozart setzt ihm ein tönendes Denkmal. Die Parodie eines magnetisierenden Arztes erinnert jedes Mal an ihn, wenn sich der Vorhang zu Mozarts Oper "Die Entführung aus dem Serail" hebt. E.T.A. Hoffmann verfasst inspiriert von Mesmer seine Erzählung "Der Magnetiseur" und auch Johann Wolfgang von Goethe und Edgar Allen Poe können sich seiner Faszination nicht entziehen. Insofern verfügte der Mann aus Itzing am Bodensee wohl doch über eine gewisse Art von Magie.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 12:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 23. Mai 2024 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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