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10. Februar 1945 Franz Hofmann stirbt auf der Steuben

10. Februar 1945, auf der Ostsee, 15 Seemeilen nördlich von Stolpmünde. Sie ist ein Traumschiff: die "schöne weiße Steuben". Ein Luxusdampfer für "Erholungsreisen zur See". Zwei mächtige Schornsteine, ein strahlendweiß lackierter Rumpf, der größte Speisesaal, den man je auf einem Schiff gesehen hat. Die "Steuben" war ihrerzeit das Synonym für Lebenslust, brachte ihre Passagiere nach Griechenland, nach New York, sogar ins Polargebiet.

Der Komponist Franz Hoffmann (1920-1945) | Bildquelle: www.hoffmann-hagemann-stiftung.de

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Doch jetzt kennt das Schiff nur noch eine Route: quer über die Ostsee, von Pillau nach Kiel. Die "Steuben" ist noch immer ein Traumschiff, aber in einem ganz anderen Sinne: Nun sind es verzweifelte Menschen in Königsberg, die von einem Platz auf dem Flüchtlingsschiff träumen. Denn Ostpreußen ist eingekesselt von der Roten Armee. Der letzte Ausweg führt übers Meer.

Bittersüße Melancholie

"Das ersehnte Schiff will nicht kommen", schreibt Franz Hofmann. Der junge Komponist aus dem fränkischen Forchheim liegt in Ostpreußen im Lazarett. Ein Granatsplitter hat ihn am Kopf getroffen. Vor zwei Jahren noch hat er in Wien Musik studiert. Dann versetzte ihn die Wehrmacht an die Ostfront. Nun ist er verletzt und krank vor Heimweh. Aber er komponiert unbeirrt weiter. 50 Stücke zählt sein Werkverzeichnis schon, viele davon von einer bittersüßen Melancholie überschattet.

Wie unsinnig ist alles! Die Menschen bringen sich um. Die Menschen, die zuhause so glücklich sein könnten, müssen an der Front sein, fern von ihren Lieben, immer ein Ende vor Augen.
Komponist Franz Hofmann

Endlich naht die Rettung für Franz Hofmann. Die ersehnte "Steuben" hat Pillau erreicht. Tausende Menschen wetteifern um einen Platz an Bord: Frauen, Kinder, verwundete Soldaten. Völlig überfüllt legt das Schiff schließlich ab. Auch der junge Komponist hat es geschafft.

Die "Steuben" versinkt in der kalten Ostsee

Doch dann, kurz nach Mitternacht, durchfährt ein heftiger Stoß das Schiff. Ein sowjetisches U-Boot hat die Steuben getroffen. Wasser bricht ein, der Rumpf neigt sich zur Seite, in Panik kämpfen sich die Flüchtlinge an Deck. "Nehmt uns mit", flehen die Verwundeten. Nur eine Viertelstunde später versinkt die "schöne weiße Steuben" zusammen mit ihren letzten Passagieren in der eiskalten Ostsee. 656 Menschen können gerettet werden. Der Komponist Franz Hofmann ist nicht darunter.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 13:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 10. Februar 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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