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Gustav Mahler in Marienbad Eine Kur mit schwefelsaurem Natron

Marienbad, 20. Juli 1891. Seine Hämorrhoiden plagen ihn, mit der Verdauung ist es auch ein Kreuz. Und die Galle braucht dringend Starthilfe – also höchste Zeit für Gustav Mahler, sich zum Kuren in der noblen Königsvilla in Marienbad einzuschreiben.

Komponist Gustav Mahler | Bildquelle: wikimedia

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Bis 1. August will er dort bleiben und bei einer Trinkkur neue Kräfte schöpfen. Gustav Mahler ist schon zum zweiten Mal in Marienbad und kennt das Ritual am allerheiligsten Ort der böhmischen Kurstadt, am Kreuzbrunnen.

"Zwei Liter am Tag sollten es schon sein, damit sich eine Wirkung einstellt", so lautet die ärztliche Anordnung. Mahler ist durchaus willig, sich die gelbliche, leicht schäumende Flüssigkeit einzuverleiben. Der besonders hohe Gehalt an schwefelsaurem Natron, in Verbindung mit Kalk und Eisenoxyd, ist Balsam für den gestressten Komponistendarm. Eigentlich. Aber Mahler bringt dieses Mal nicht die nötige Geduld mit.

Trinken und Schlürfen

Allein, dass die Trinkerei schon in aller Hergottsfrühe, nämlich um 5:00 Uhr beginnen muss, leuchtet ihm nicht ein. Und dann diese Atmosphäre mit all den durstigen Leidensgenossen, die unablässig schlürfen. Das zerrt an seinen Nerven. Hinzu kommt – und das ist das Schlimmste, es sind nur etwas mehr als 100 Kilometer bis Bayreuth. Denn dort beginnen in ein paar Tagen die Festspiele! Wagners Opern quasi gleich ums Eck!

Mir bekommt die Kur diesmal gar nicht gut. Und ich dampfe je eher je lieber nach Bayreuth ab.
Gustav Mahler

Wagner statt schwefelsaures Natron

Was für ein Labsal für die Seele wartet da auf ihn. Stattdessen betreibt Mahler "Wellness" und lässt sich mit schwefelsaurem Natron volllaufen. Das geht nicht gut aus für den gestressten Komponistenkörper. Schon am  26. Juli sitzt Gustav Mahler im Festspielhaus und hört den "Parsifal", am 27. den "Tannhäuser" und am 29. gönnt er sich eine weitere Runde "Parsifal". Ein bisschen Läuterung muss schließlich schon sein.

Die Kur hat er natürlich längst an den Nagel gehängt. Stattdessen unternimmt Mahler ausgedehnte Spaziergänge im Fichtelgebirge die es, rein zeitmäßig, gut mit dem "Parsifal" aufnehmen können. Ob sich seine Hämorrhoiden für das stundenlange Hocken auf den harten Sitzen im Festspielhaus bedankt haben, und dafür, dass Mahler den heiligen Gral der Schnabeltasse vorgezogen hat, bleibt jedoch zu bezweifeln.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 13:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 20. Juli 2023 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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