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02. August 1891 – Mark Twain bei den Bayreuther Festspielen "Parsifal" ohne Rhythmus und Melodie

Weltberühmt wurde Mark Twain mit seinen Abenteuerromanen über die jugendlichen Helden Tom Sawyer und Huckleberry Finn. Dabei übte er immer auch Gesellschaftskritik. Was der US-amerikanische Schriftsteller über die "Parsifal"-Inszenierung der Bayreuther Festspiele am 2. August 1891 dachte, hielt er in späteren Werken fest.

Der US-amerikanische Schriftsteller Mark Twain (1835-1910) | Bildquelle: picture alliance/CPA Media

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"Ich bin mir sicher, dass der Gesang eines der bezauberndsten Mittel zur Gefühlsvermittlung ist", schreibt Mark Twain in seinem Essay "Am Schrein von St. Wagner". Allerdings fügt er auch hinzu: "Ich konnte im 'Parsifal' nichts entdecken, das mit Rhythmus oder Melodie bezeichnet werden kann. Wenn dies wegfällt, bleibt nur ein Bild, dem die Farben fehlen."

Ich konnte im 'Parsifal' nichts entdecken, das mit Rhythmus oder Melodie bezeichnet werden kann.
Mark Twain

Mark Twain über Bayern

Für den 1835 geborenen Samuel Langhorne Clemens, wie Mark Twain mit bürgerlichem Namen heißt, ist Bayern ein Land von Hinterwäldlern. Dem Autor des Bestsellers "Tom Sawyer" fehlen im Reich des Märchenkönigs Ludwig II. und später des Prinzregenten Luitpold die News in den Zeitungen: "Beim Frühstück buchstabiere ich mich durch die siebeneinhalb Zeilen telegrafischer Neuigkeiten in der Münchner Zeitung, und danach versuche ich, aus amerikanischen Blättern, die 14 Tage alt sind, herauszufinden, was in dieser Zeit in Europa wirklich vor sich gegangen ist."

Nach Bayern reist Mark Twain mehrmals. Das Land des Märchenkönigs, auf das er beim ersten Mal trifft, kommt ihm fremd vor. Doch auf seiner zweiten Reise, die ihn dann nach Bayreuth führt, schwärmt Twain:

Bayern ist das herrlichste Land für die Kunst.
Mark Twain

Twains Reisebericht

Für sein späteres Buch "Bummeln durch Europa" besucht Mark Twain den Grünen Hügel in Bayreuth. Seine Beobachtungen und literarischen Ausführungen über die "Parsifal"-Inszenierung entsprechen aber nicht den eines Musikkritikers, sondern eines Reiseautors: "Inmitten der Stille stiegen aus der Ferne geheimnisvolle, sanfte Töne empor. Und von seinem Grabe aus begann der tote Zauberer, seine Jünger in Zaubersprüche einzuhüllen."

Dem Publikum bescheinigt Mark Twain eine unbedingte Hingabe bis zum Ende: "Man scheint mit Toten in der Finsternis eines Grabmals zu sitzen. Man hört nicht einen Mucks, bis der Vorhang zusammenschnurrt. Und dann erheben sich die Toten alle auf einmal und lassen das Gebäude vor Applaus in seinen Grundfesten erzittern."

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Wagner - Parsifal (Prelude) | Bildquelle: The Wicked North (via YouTube)

Wagner - Parsifal (Prelude)

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Sendung: "Allegro" am 02. August 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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