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22. April 1783 – Haydns unehelicher Sohn wird geboren Vom Musiker zum Landwirt und wieder zurück

Fertöd, 22. April 1783. Ist der Junge, der an jenem Tag im prächtigen Schloss des Fürsten Esterhazy am Neusiedler See das Licht der Welt erblickte, Joseph Haydns Sohn oder nicht? Die Antwort lautet: Mit hoher Wahrscheinlichkeit "ja"! Denn selbst, wenn erst eine moderne DNA-Abgleichung völlige Gewissheit bringen würde, dürfen wir auch ohne Labordaten von der Vaterschaft des Komponisten ausgehen. Die Indizien sprechen für sich, zum Beispiel diese: Joseph Haydn und die Mutter des Kindes, die Sängerin Luigia Polzelli, waren zum Zeitpunkt der Geburt seit längerem ein Liebespaar.

Joseph Haydn | Bildquelle: Claudia Maria Knispel: "Joseph Haydn", Reinbek 2003

Bildquelle: Claudia Maria Knispel: "Joseph Haydn", Reinbek 2003

Das Kalenderblatt zum Anhören

Haydn und die Polzelli begegnen sich, als ein Engagement die dunkelhaarige Italienerin ans fürstliche Privattheater führt. Sie ist 19 Jahre alt, der ehrenwerte Kapellmeister 47, und außer ihrer gegenseitigen Zuneigung haben beide etwas gemeinsam: Beide sind unglücklich verheiratet, die Polzelli mit einem wesentlich älteren, gebrechlichen Geiger, Haydn mit Anna Maria, der streitsüchtigen und bigotten Tochter eines Perückenmachers.

Eine Beziehung mit Heiratsversprechen und Unterhaltszahlungen

 "O teuerste Polzelli, du wohnst für immer in meinem Herzen...". Die Beziehung zwischen dem Komponisten und der Sängerin ist von jahrzehntelanger Verbindlichkeit, inklusive Heiratsversprechen und Unterhaltszahlungen. Die sündige Frucht der Liebe ist der 1783 geborene Junge, der auf den Namen Antonio Polzelli getauft wird.

Letzte Station Pest in Ungarn

Haydn wird Antonio offiziell nie als Sohn anerkennen, dennoch kümmert er sich um den Werdegang und das Wohlergehen seines Sprösslings. 1803 wird Antonio Geiger im Orchester des "Theaters an der Wien", wenig später erhält er eine Stelle in Eisenstadt, wo er später sogar zum Musikdirektor aufsteigt.  1813 kehrt Haydns unehelicher Sohn der Tonkunst den Rücken und versucht sich mit landwirtschaftlichen Großprojekten. Finanzielle Schwierigkeiten zwingen Antonio dazu, sich im ungarischen Pest niederzulassen und bis zu seinem Tod 1855 als Musiklehrer sein Geld zu verdienen.

Übrigens: Antonio Polzelli bzw. dessen Kinder waren felsenfest davon überzeugt, dass "Papa Haydn" sein Vater bzw. ihr Großvater sei.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 13:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 22. April 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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