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5. Dezember 2007 - Karlheinz Stockhausen stirbt "Eine ganz neue Welt fängt an"

Er galt als Pionier der elektronischen Musik, war ein Visionär und exzentrischer Selbstdarsteller, der niemals künstlerische Kompromisse zuließ. Vor zehn Jahren ist Karlheinz Stockhausen gestorben - noch voller Schaffensdrang.

Karlheinz Stockhausen vor überdimensioniertem Notenblatt | Bildquelle: BR / Stockhausenstiftung

Bildquelle: BR / Stockhausenstiftung

Der Beitrag zum Anhören

"Karlheinz hatte Probleme mit der Lunge und hustete seit zwei Wochen", so beschreibt es Stockhausens Ex-Frau Mary Bauermeister. "Er habe nachts dann auf einmal überall Düfte verteilen wollen. Dann sei er aufgestanden und habe die Arme ausgebreitet mit den Worten: 'Jetzt habe ich eine ganz andere Art zu atmen.' Er habe wie entrückt in einen fernen Raum geblickt und mit den Worten 'Eine ganz neue Welt fängt an' sei er zusammengebrochen. Es war der 5. Dezember, der Todestag Mozarts."

Genie oder Scharlatan?

Original Notenauszug von SAMSTAG aus LICHT (farbig) | Bildquelle: BR / Stockhausenstiftung Original-Notenauszug von SAMSTAG aus LICHT | Bildquelle: BR / Stockhausenstiftung Letzte Worte eines Genies - oder Legendenbildung um einen wunderlichen Scharlatan? An Stockhausen schieden sich zeitlebens die Geister. Vielleicht, weil er sich nie mit dem profan Irdischen zufrieden gab und immer nach dieser "ganz neuen Welt" suchte. Schon in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts war das so, als er sich mit fremdartigen elektronischen Klängen an die Spitze der Avantgarde setzte. Und auch später, als er 27 Jahre lang an seinem Mammut-Opernzyklus "Licht" über die sieben Tage der Woche arbeitete und dabei das singende Luzikamel erfand und ein Streichquartett in vier Hubschraubern über den Zuschauern kreisen ließ. Viel Häme und Spott musste er für seine esoterische Weltdeutung aus dem Geist der Musik einstecken. Aber als nach seinem Tod die letzten beiden "Licht"-Opern endlich uraufgeführt wurden, war die Begeisterung einhellig.

Bis zum letzten Atemzug

Gearbeitet hat Stockhausen bis zum letzten Atemzug. Nach den sieben Tagen der Woche wollte er auch noch die 24 Stunden des Tages vertonen. "Klang", so der Name dieses neuen Zyklus, blieb allerdings unvollendet. Dafür schloss er am Abend vor seinem Tod noch die Orchesterfassung eines älteren Stücks ab, "Tierkreis", einer Vertonung der Sternzeichen. Neben die Partitur legte er seine Patientenverfügung. "Tierkreis" wurde sein letztes vollendetes Werk, und auch damit hat Karlheinz Stockhausen noch einmal nach den Sternen gegriffen.

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