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01. Juni 1971 – Mark Taimanow verliert gegen Bobby Fischer Folgenschwere Niederlage für ein Doppeltalent

Vancouver, 01. Juni 1971. Viertelfinal-Ausscheidungsturnier für die Schachweltmeisterschaft 1971: Der Amerikaner Bobby Fischer, 28, exzentrischer Großmeister und jüngster US-Champion der Schachgeschichte trifft auf den Sowjetrussen Mark Taimanow, 45, ebenfalls Schachgroßmeister und ein faszinierendes Doppeltalent. Eine Partie mit ungeahnten Folgen.

Schachgroßmeister Bobby Fischer | Bildquelle: KPA/ZPress dpa

Bildquelle: KPA/ZPress dpa

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Als Mark Taimanow zwölf Jahre alt war, hatten die sowjetischen Talentscouts entdeckt, dass der kleine Mark in der Musik und im Schach gleichermaßen hochbegabt war. Daraufhin bildet man ihn zweigleisig aus – mit Erfolg: Taimanow wurde einer der besten Schachspieler weltweit. Und mit seiner Ehefrau Ljubow Bruk bildete er ein weltberühmtes Klavierduo. Auf die Frage, ob denn dieses ständige Wechseln zwichen Schach und Musik nicht anstrengend gewesen sei, antwortete er: Ganz im Gegenteil. Beim Klavierspielen habe er sich vom Schach erholt und beim Schach von den Auftritten am Klavier. So sei sein Leben ein einziger Urlaub gewesen.

Zerstörung einer Karriere

Schachgroßmeister und Pianist Mark Taimanow, 1970 | Bildquelle: Wikimedia Commons Mark Taimanow, 1970 | Bildquelle: Wikimedia Commons In Vancouver allerdings ging das gründlich schief. Taimanow wurde von einem unerwartet starken Bobby Fischer mit 0:6 geschlagen. Für Taimanow eine existenzbedrohende Katastrophe. Schach hatte damals eine ausgeprägt politische Komponente. Und die sowjetische Regierung war überzeugt, dass Taimanow mit Absicht verloren hätte. Ein Großmeister unterliegt nicht 0:6. Erst recht nicht gegen die USA, und schon gar nicht, wenn alle Welt zuschaut.

Die Folgen waren gravierend: Taimanow wurden die Bürgerrechte entzogen und alle Schachtitel aberkannt. Seine Honorare behielt man ein, und er durfte keine internationalen Turniere mehr spielen. Das war die Zerstörung der Karriere eines Schachgroßmeisters. Taimanow soll gesagt haben: "Wenigstens die Musik ist mir noch geblieben." Zu allem Überfluss trennte sich in dieser Zeit auch noch seine Frau von ihm, und damit war auch sein Klavierduo Geschichte.

Wenigstens die Musik ist mir noch geblieben.
Mark Taimanow

Erst später, als sich herausstellte, dass auch andere Spieler – und nicht nur Sowjets – gegen Bobby Fischer haushoch verloren, hob man Taimanows Sperre peu à peu auf. Er durfte wieder im Ausland spielen, und am Klavier begann er eine Solokarriere. Fischer war 1972 Weltmeister geworden, Taimanow schrieb Jahre später ein Buch mit dem Titel: "Wie ich ein Opfer von Bobby Fischer wurde".

Mark Taimanow und seine Frau spielen Rachmaninow

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Bruk/Taimanov play Rachmaninoff Suite for Two Piano's no. 1 in G minor | Bildquelle: pianopera (via YouTube)

Bruk/Taimanov play Rachmaninoff Suite for Two Piano's no. 1 in G minor

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Sendung: "Allegro" am 01. Juni 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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