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09. Februar 1905 – Prokofjew führt eine Fehlerstatistik Harmonielehre-Unterricht unter Beobachtung

Sergej Prokofjew ist seit einigen Monaten Student am Konservatorium in Petersburg. Alexander Glasunow hat sich für den begabten Kompositionsschüler eingesetzt. Ein 13-jähriger Außenseiter, dessen Mitstreiter in der Regel mehr als sechs Jahre älter sind. Aber der Kleine ist selbstbewusst. Und er weiß sich durchzusetzen. Heute hat er beispielsweise einen Entschluss gefasst, den er sofort in die Tat umsetzen muss.

Komponist Sergej Prokofjew | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Was heute geschah zum Anhören

Ich habe eine Statistik über die Fehler im Harmonielehre-Unterricht zu führen begonnen. Nur schade, dass ich nicht früher daran gedacht habe.
Sergej Prokofjew

Schließlich sitzt Lehrer Ljadow jede Stunde am Klavier und spielt aus einem Schreibheft mit Übungsaufgaben vor, um dann "ätzende Bemerkungen" über die Fehler zu machen. Jetzt sollen sie dokumentiert werden: Parallele und versteckte Oktaven und Quinten, unkorrekte Auflösungen, schlechte Vorhalte und so weiter und so weiter. Neunzehn Arten von Fehlern hält Prokofjew in seinem Notizbuch fest, die er zuhause mit geradezu sportlichem Eifer fein säuberlich in genauso viele Spalten notiert: "Die Gesamtzahl der von jedem Studenten eingereichten Aufgaben, die Gesamtzahl der Fehler und die Fehlerzahl jedes Studenten bei jeder Arbeit (und zwar in Form eines Dezimalbruches bis zur Genauigkeit von einem Hundertstel.)"

Fehlerliste sorgt für Aufruhr

Seine Klassenkameraden stehen der Buchhaltung nicht gerade wohlwollend gegenüber. Im Gegenteil: Aufruhr macht sich breit, vor allem Kollege Kobyljanski hat es auf den Streber abgesehen. Kein Wunder, bei dem, was der Pimpf ihm vorhält: "Heute haben Sie eine Aufgabe mitgebracht, und darin waren elf Fehler. Assafjew hat sechs Aufgaben eingereicht, und darin waren insgesamt nur elf Fehler. Daraus geht ganz klar hervor, dass Ihre Arbeit sechsmal schlechter ist als die von Assafjew."

Prokofjew lässt sich nicht unterkriegen

Doch aggressives Geschrei schüchtert Prokofjew nicht ein. Dem kann er Paroli bieten: "Wenn Sie weniger schreien und mehr Aufmerksamkeit an Ihre Arbeit wenden würden, würde Ihre Fortschritte und meine Statistik…." Dann eben mit Gewalt: Kobyljanski drückt seinen Kontrahenten zu Boden und zieht ihn an den Ohren. Soll er sich so ein Geschwätz als Erwachsener sagen lassen? In den nächsten Stunden bleibt er dem Unterricht fern. Doch er wird sich an Sergej Prokofjew gewöhnen müssen, der schon in der kommenden Woche wieder von sich sagen wird:

Meine Harmonielehre-Übungen waren wahrscheinlich die besten, die heute abgegeben wurden.
Sergej Prokofjew

Prokofjews Opus 1

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PIANO SONATA NO. 1 - OP. 1 - Sergei Prokofiev | Bildquelle: BEST OF CLASSICAL MUSIC (via YouTube)

PIANO SONATA NO. 1 - OP. 1 - Sergei Prokofiev

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 13:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 09. Februar 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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