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20. Mai 1941 – Richard Strauss legt die "Danae" beiseite Mythen-Mix für Friedenszeiten

Garmisch, 20. Mai 1941. Es ist der Tag, an dem die Oper "Die Liebe der Danae" in der Schublade verschwindet. Und zwar im hintersten Eck. Richard Strauss will dieses Stück "voller Kopfgrütze und trockenem Witz" vorerst nicht aufführen lassen.

Richard Strauss | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Der Stoff ist ein Mix aus zwei Mythen, neu aufbereitet von Hugo von Hofmannsthal, mit dem Strauss über 20 Jahre hinweg einen regen Briefwechsel geführt hatte. Strauss' Lieblingskandidat fürs Libretto heißt Stefan Zweig, ihr erstes gemeinsames Projekt sechs Jahre zuvor, die komische Oper "Die schweigsame Frau", war ein großer Erfolg. Zweig lebt als Jude aber im Exil. Er empfiehlt seinen Kollegen Joseph Gregor. Eine Katastrophe, findet Strauss – und dazu ist dieser Gregor noch beratungsresistent. "Wollen Sie nicht mal ganz leicht und graziös arbeiten?", hat er ihn mal gefragt. Nein, will Gregor nicht. "Bringen Sie doch nicht immer nur Schwulst und Bombast zu Papier!"

Vier Männer – eine Oper

Clemens Krauss, Dirigent bei den ersten Neujahrskonzerten | Bildquelle: Wiener Philharmoniker Der Dirigent Clemens Krauss half Richard Strauss beim Textbuch der "Danae". | Bildquelle: Wiener Philharmoniker Strauss reißt der Geduldsfaden nach zwei verkorksten Entwürfen, und er dichtet selbst. Aber auch damit kommt Strauss auf keinen grünen Zweig. Dabei braucht er den Text als Inspiration für seine Musik. Er holt den Dirigenten Clemens Krauss ins Boot, der steuert ein Sonett bei, Rudolf Hartmann berät szenisch, Kapellmeister Hans Swarowsky liefert musikalisches Know-how. Das Männerquartett hat Spaß. Die "Danae" wächst, steckt voller Ironie, Eleganz und frechen Dialogen. Und der ursprüngliche Librettist Gregor macht einen auf beleidigte Leberwurst. Strauss ist das wurscht: "Der ist blöd und neiderfüllt. Ich glaube er bildet sich ernsthaft ein, er hätte es besser gemacht."

Strauss – von gestern?

Fertig ist die "Danae" am 29. Juni 1940. Deutschland ist mittlerweile mitten im Krieg. Für Witz hat derzeit kaum jemand etwas übrig. Zu allem hin ist der Propagandaminister dem Komponisten Strauss alles andere als wohlgesonnen. Joseph Goebbels treibt die Gleichschaltung der Kunst und damit auch der Kulturschaffenden voran. Dem Dickschädel Strauss, der Freischnauze seine Meinung über andere kundtut, muss Goebbels in die Schranken weisen und bestellt ihn nach Berlin: "Sie wagen es, Franz Lehár als Gassenmusikanten zu bezeichnen? Lehár hat die Massen, Sie nicht. Hören Sie endlich mit Ihrem Geschwätz über die Bedeutung von ernster Musik auf. Die Kunst von morgen ist eine andere. Sie, Herr Strauss, sind von gestern."

Postume Uraufführung

Richard Strauss kehrt nach Garmisch zurück -  traurig und frustriert. Nein. Das sind keine Zeiten für seine neue Oper. "Wie die Weltlage heute ist, dürfte die 'Danae' wohl ein Oeuvre posthume werden", ist sein Fazit. "Die Liebe der Danae" ist noch mehr, sie ist Strauss' musikalisches Testament, mit dem für ihn so typischen Flow der Melodien. Uraufgeführt wird "Danae" erst 1952. Beinahe drei Jahre nach dem Tod von Richard Strauss.

Ein Leckerbissen – die komplette "Danae"

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Opera "Die Liebe der Danae" | Bildquelle: Алла Сигалова (via YouTube)

Opera "Die Liebe der Danae"

Was heute geschah

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Sendung: "Allegro" am 20. Mai 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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