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17. Juni 1961 – Rudolf Nurejew flieht in den Westen Husarenstück am Flughafen

Paris, Flughafen Le Bourget, 17. Juni 1961. Ein junger Mann, drahtig, sportlich, elegant, springt in letzter Sekunde über eine Absperrung, sprintet direkt in die Arme zweier französischer Gendarmen und bittet um politisches Asyl. Es ist Rudolf Nurejew, der sowjetische Star-Tänzer, der seine erste Tournee in den Westen zur spektakulären Flucht nutzt. Die Schergen des KGB sehen konsterniert zu und sind machtlos – französisches Hoheitsgebiet. Hier hat weder der Geheimdienst noch der sowjetische Botschafter das Sagen… Er hat sie alle ausgetrickst.

Balletttänzer Rudolf Nurejew | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Das Kalenderblatt zum Anhören

Was war geschehen? Nurejew, der Star des Kirow-Balletts, hat gerade eine Reihe fulminanter Gastspiele absolviert. Eigentlich wollten die ängstlichen Funktionäre ihn gar nicht ausreisen lassen, ihren grandiosen, aber aufmüpfigen, wenig pflegeleichten Super-Tänzer. Doch Paris, Frankreich, ganz West-Europa fiebert seinen Auftritten entgegen und die Sowjets können sich keine Blamage leisten. Sie MÜSSEN ihn schicken, ihren prominenten Export-Schlager. Es tobt der Kalte Krieg, Siegertypen wie Jurij Gagarin, Larissa Latynina oder eben Nurejew sollen die ideologische Überlegenheit des Kommunismus leibhaftig zur Schau stellen.

Nurejew streift durch das Nachtleben

Balletttänzer Rudolf Nurejew und Primaballerina Margot Fonteyn | Bildquelle: picture-alliance/dpa Balletttänzer Rudolf Nurejew und Primaballerina Margot Fonteyn | Bildquelle: picture-alliance/dpa Nurejew tanzt, die Solo-Partien in La Bayadère, Dornröschen, Schwanensee… Und er genießt Paris. Praktisch in jeder freien Minute und trotz ständiger Bewachung. Nurejew trifft sich mit ausländischen Kollegen, mit Fans, streift durch das Nachtleben, diniert im legendären "Deux Magots", stöbert durch Buchhandlungen und Boutiquen. Er will weg, aus der grauen Tristesse der sowjetischen Realität, er will frei sein, als Mensch und als Künstler.

Die Chance genutzt

Das ist zu viel für die Bonzen um die Kulturministerin Jekaterina Furzewa. Als die Kirow-Truppe nach ihrem Paris-Gastspiel nach London weiterfliegt, wird Nurejew kurzerhand nach Moskau zurückbeordert. Auf der Gangway in Le Bourget wird ihm klar: Wenn er diese Chance nicht nutzt, bleibt er hängen, in den Mühlen des Systems. Mit seinem "Sprung in die Freiheit" gelingt Rudolf Nurejew die Flucht, was folgt, ist die größte Ballettkarriere des 20. Jahrhunderts.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 13:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 17. Juni 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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