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Was heute geschah – 12. November 1828 Schubert schreibt seinen letzten Brief

Wien, 12. November 1828. Vor elf Tagen hat Franz Schubert Fisch gegessen. Und der ist ihm gar nicht bekommen. Schubert glaubt, der Fisch ist schuld an seiner Erschöpfung, seiner Bettlägerigkeit. So schreibt er in seinem Brief an seinen Freund Franz von Schober: "Lieber Schober, ich bin krank. Ich habe schon elf Tage nichts gegessen und nichts getrunken. Und ich wandle matt und schwankend von Sessel zu Bett und zurück."

Porträt Franz Schubert | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Kein Grund wegen einem verdorbenen Vieh zu verzagen: so ein bisschen Durchfall, so ein bisschen Übelkeit, das vergeht schon wieder, denkt Schubert. Akribisch nimmt er seine Medikamente. Er hat sogar eine Taschenuhr neben dem Bett aufgehängt, damit er ja keine Einnahme versäumt.

Schubert im Krankenlager

Aber, es scheint keine Fischvergiftung zu sein. Schuberts Zustand verbessert sich nicht. Im Gegenteil. Der behandelnde Arzt glaubt an ein Nervenfieber. Tatsächlich ist es wohl Typhus, dafür spricht, dass die Krankheit in Schüben über Schubert herein bricht. Viele seiner Freunde bleiben aus Angst vor Ansteckung fern. Andere gruppieren sich furchtlos um Schuberts Krankenlager und spielen dem Patienten Beethovens Streichquartett cis-Moll. Ob er die Musik genießt, ist schwer zu sagen. Einmal soll er ausgerufen haben: "Nein, ist nicht wahr. Hier liegt Beethoven nicht!"

Sehnsucht nach guter Unterhaltung

Jedenfalls flackert sein Lebenswille in jenen Tagen immer wieder auf, so kräftig wie eine Stichflamme. Schubert plant eine neue Oper, ihm fehlt nur noch die passende Vorlage, das perfekte Opernbuch sozusagen. Und auch seine Lektürewünsche, die er in diesem letzten Brief an seinen Freund Schober richtet, zeugen von einem Lebenswillen und der damit verbundenen Sehnsucht nach guter Unterhaltung.

"Sey so gut, mir in dieser verzweifelten Lage durch Lektüre zur Hilfe zu kommen. Von Cooper habe ich gelesen: den letzen Mohikaner, den Spion, den Lotsen und die Ansiedler. Solltest du vielleicht noch etwas haben, so beschwöre ich dich, mir solches im Kaffeehaus zu deponieren. Mein Bruder wird es mir überbringen.  Oder eben etwas Anderes!" Dein Freund Schubert

Schubert versinkt in fiebrigen Fantasien

Schober kommt nicht mehr dazu, "etwas von Cooper", oder etwas "Anderes" im Kaffeehaus zu deponieren. Schubert siecht in rasend schnellem Tempo dahin und ist bald schon so schwach, dass er gar kein Buch mehr in den Händen halten könnte. Mit matter Stimme klagt er über eine heftige Hitze im Kopf, bevor er in fiebrige Fantasien versinkt. Eine Woche nach seinem letzten Brief an Schober stirbt Franz Schubert.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 13:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 12. November 2021 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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