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Was heute geschah – 9. März 1886 Saint-Saëns' "Karneval der Tiere" wird uraufgeführt

Paris, 9. März 1886: Eine Karnevalsfeier beim Cellisten Charles Joseph Lebouc. Jeder bringt mit, was er kann: Quiche Lorraine, Galettes, Champagner, Fromage. Der Komponist Camille Saint-Säens trägt 14 süße Petits Fours zur Tafel bei – entzückende kleine Musikstücke. Die Partygäste sind begeistert und Saint-Säens schwant Schlimmes: Man könnte ihn wegen solcher Häppchen als Komponisten nicht ernst nehmen. Er zieht sie also kurz nach der Uraufführung zurück. Heißt: Sie dürfen nicht gespielt werden. Mit einer Ausnahme.

Camille Saint-Saëns | Bildquelle: picture-alliance/akg

Bildquelle: picture-alliance/akg

Die Sendung zum Anhören

Der Winter 1885/86 ist ein besonders grauer Winter für Saint-Säens. In Deutschland hätte er reihenweise Konzerte geben sollen. Aber da ist man gerade nicht gut auf die Franzosen zu sprechen. Und das bekommt Saint-Säens zu spüren. Er wird Opfer einer chauvinistischen Hetzkampagne in der Presse. Sämtliche Konzerte seiner großen Deutschland-Tournee werden abgesagt. Saint-Säens ist zutiefst gekränkt. Er zieht sich in ein Bergdorf in Österreich zurück, um Trost in der Natur zu finden. Dort, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen, vollendet Saint-Säens ein Projekt, das er bereits 20 Jahre zuvor begonnen hat: eine zoologische Fantasie für seine Klavierschüler, den "Karneval der Tiere".

Kollegen auf die Schippe genommen

Dieser Zoo-Bummel zu Kängurus, Löwen und Co. besteht aus 14 Abschnitten. Sie sind technisch kniffelig und ein lautmalerisches Meisterwerk. Zudem ist der "Karneval der Tiere" eine Parodie, in der Saint-Säens berühmte Kollegen auf die Schippe nimmt: Aus Hector Berlioz "Sylphentanz" und Mendelssohn "Sommernachtstraum" macht er beispielsweise einen Elefantentanz, aus Jaques Offenbachs legendärem Can Can wird eine träge Tanznummer für beschwipste Schildkröten und eine Rossini-Arie strickt er in die "Fossilien".

Unsterblicher "sterbender Schwan"

Ganz klar, die gebildeten Partygäste im Hause des Cellisten erkennen die Seitenhiebe und prusten vor Lachen. Saint-Säens ist nicht zum Lachen zumute. Er will nicht in die Geschichte eingehen als musikalischer Scherzbold und verbietet seinen Karneval. Als ihn jedoch die Tänzerin Anna Pawlowa darum bittet, den "Schwan" aus der Fantasie heraus zu lösen, willigt er ein. Die Ballerina wird mit dem Stück berühmt als "Sterbender Schwan" – und Camille Saint-Säens wird trotz aller Bemühungen unsterblich als Erfinder des "Karneval der Tiere".

WAS HEUTE GESCHAH

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 8.30 Uhr und um 16.40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 9. März 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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