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14. Mai 1924 – Der Jazzgitarrist Coco Schumann wird geboren "Der Ghetto-Swinger"

Berlin, 14. Mai 1924. Ein ruhiger sonniger Tag sei es gewesen, schrieb er – obwohl sich natürlich kein Mensch an das Wetter am Tag seiner Geburt erinnern kann. Doch: Verschmitzter Humor war ein besonderes Kennzeichen von Heinz Jakob Schumann, Sohn einer jüdischen Mutter und eines vom Christentum zum Judentum konvertierten Vaters. Das andere Kennzeichen: Musikalität.

Der "Ghetto-Swinger" Coco Schumann | Bildquelle: ProTon Musikagentur

Bildquelle: ProTon Musikagentur

Der Beitrag zum Nachhören

Ein Onkel Schumanns war Schlagzeuger einer Sinti-Kapelle und begeisterte ihn bereits im Alter von vier Jahren beim Geburtstagfest der Großmutter. Schon mit zwölf ging Heinz Jakob nachts auf die Pirsch, um Swing zu hören. Und mit achtzehn, in den Kriegsjahren, verdiente er sich, erst am Schlagzeug, dann an der Gitarre, erstes Geld als Musiker in Berliner Bars und Tanzclubs.

Verhaftung 1943

Im Nationalsozialismus war Jazz "entartete Musik", obwohl er gern für Propaganda benutzt wurde. Im Halbverborgenen existierte jazz trotzdem weiter. "Coco", so alsbald der leichter aussprechbare Spitzname des jungen Musikers, kam lange Zeit über die Runden. 1943 wurde er jedoch verhaftet. Über die Gründe sagt Schumann: "Ich bin erstens Jude, zweitens bin ich minderjährig, und drittens spiel ich Swing".

"La Paloma" an der Todesrampe

Schumann kam nach Theresienstadt, ins Vorzeige-Ghetto, mit dem die Machthaber eine heile Welt vorgaukeln wollten. Dort spielte er bei den "Ghetto-Swingern". 1944 schließlich: Deportation nach Auschwitz. An der Todesrampe mussten Schumann und andere Musiker "La Paloma" spielen.

Ich bin ein Musiker, der im KZ war, und kein KZ-ler, der Musik macht.
Coco Schumann

Vielbeachteter Zeitzeuge

Dieses Lied war Begleitmusik zum Massenmord. Die Melodie könne nichts dafür, sagte Schumann später und spielte sie auch nach dem Krieg noch, als er einer der Ersten in Deutschland mit einer E-Gitarre war. Über die KZ-Jahre sprach er lange Zeit nicht. Erst 1997, mit seiner Autobiographie "Der Ghetto-Swinger", wurde er zum vielbeachteten Zeitzeugen. Eines aber betonte er dabei stets: "Ich bin ein Musiker, der im KZ war, und kein KZ-ler, der Musik macht."

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