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Was heute geschah – 18. November 1884 Richard Strauss gibt sein Debüt als Dirigent

München, Odeonssaal, 18. November 1884. Richard Strauss gibt sein Debüt als Dirigent. Auf dem Programm: die eigens komponierte Suite für 13 Blasinstrumente. Und vor ihm: die Meininger Hofkapelle! Eigentlich muss der 21-jährige zugeben, dass ihm komplett die Erfahrung fehlt. Sicher, als Sohn des musikalischen Leiters der Wilden Gungl durfte er schon so manches Mal den Stab in die Hand nehmen und eine Probe leiten. Und mit den Holzstricknadeln von Helene Böckmann, der Frau des Solocellisten im Dresdner Hoforchester, hat er auch geübt. Aber sonst?

Richard Strauss | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Die Sendung zum Anhören

"Ich dirigierte mein Stück in einem leichten Dämmerzustand; ich weiß nurmehr, dass ich nicht umgeschmissen habe", erinnerte sich der Komponist. Immerhin gab es jemand, der an ihn glaubte – kein Geringerer als der große Dirigent Hans von Bülow, den der strebsame Teenager erst kürzlich in Berlin kennengelernt hat. Strauss hat den ganzen Winter in der Hauptstadt verbracht, mit dem Ziel, Kontakte zu schließen, Erfahrungen zu sammeln und seine Kompositionen vorzustellen. Was für eine reiche Zeit! Und erfolgreich obendrein! Doch der Höhepunkt war, das Können des Meisters erleben zu dürfen: "Er dirigierte famos, … alles auswendig … er hat die ganze Partitur bis auf die kleinsten Details im Kopf."

Ich dirigierte mein Stück in einem leichten Dämmerzustand.
Richard Strauss

Außerordentliches Lob

Auch Bülow war sofort angetan von dem jungen Mann, dirigierte in einer Probe sogar seine Bläserserenade op. 7. Und: "Er lobte sie ganz außerordentlich und forderte danach alle Musiker auf, mich zu applaudieren, wobei er selbst mithalf", freute sich Strauss. Außerdem bat Bülow den jungen Komponisten, ein zweites Bläserstück zu komponieren. Und jetzt steht Richard tatsächlich im Odeonssaal und nimmt dafür den Applaus entgegen.

Taktfest und taktvoll

Dirigent Hans von Bülow | Bildquelle: picture alliance/akg-images Hans von Bülow | Bildquelle: picture alliance/akg-images Bülow hat ihm eine Chance gegeben. Ja mehr noch: Er wird ihm nach dem Konzert anbieten, als sein Stellvertreter nach Meiningen zu kommen. Als Herzoglicher Concertdirektor! Strauss ist überwältigt: "Da mir noch keine praktische Erfahrung zur Seite steht, wäre das Glück, in dieser Stellung meine Dirigententätigkeit zu beginnen, ein so großes, dass ich es noch kaum zu hoffen wage." Der Anfänger wird Bülow nicht enttäuschen, sich laut Urteil des strengen Lehrers als elastisch, lernbegierig, taktfest und taktvoll erweisen, kurz: als first-rate Kraft! München, Weimar, Berlin und Wien warten auf ihn.

WAS HEUTE GESCHAH

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 8.30 Uhr und um 16.40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

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