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Was heute geschah – 25. November 1895 Der Pianist Wilhelm Kempff wird geboren

Leichtigkeit, Esprit und ein silberner Ton – dies sind Eigenschaften, die man einem deutschen Pianisten nicht zutraut. Wilhelm Kempff verfügte aber über alle drei – in reichem Maße. Hinzu kam ein absolutes Desinteresse an Show und Selbstdarstellung. Damit könnte er heute nicht mehr reüssieren. Doch sein Beethoven, Schubert und Schumann sind nach wie vor mustergültig.

Der deutsche Pianist und Komponist Wilhelm Kempff | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Die Sendung zum Anhören

Jüterbog im Brandenburgischen, 25. November 1895. Der Pianist Wilhelm Kempff wird geboren. Obwohl er an einem Montag zur Welt kommt, ist Wilhelm Kempff ein Sonntagskind. "Die guten Feen hatten mir meines Vaters ausgeglichene Gemütsart in die Wiege gelegt", schreibt er später in seinen "Jugenderinnerungen". In seiner Wiege liegen noch andere schöne Sachen: eine immer positive Grundstimmung, eine Sensibilität für alles, was sich um ihn herum ereignet, ein Leben-Können und Leben-Wollen in der Gegenwart. Annette von Bodecker, seine ehemalige Privatsekretärin, sagt über ihn: "Vergangenheit war nie sein Thema. Auch Zukunft nicht. Er hat die Dinge angenommen, wie das Leben sie ihm gegeben hat. Der Augenblick zählte."

Frühe Initiation

Und die Liebe zur Musik. Der Vater, Pastor und Organist, spielt abends daheim Sonaten von Mozart. Irgendwann schleicht sich der Fünfjährige, der noch keine Note kennt, ans Klavier. Kempff erinnert sich: "Wer aber beschreibt mein Entzücken, als ich nach anfänglichem unsicheren Tasten plötzlich den hellen Ruf der Terz herausbekam. Ist das Klavierspielen wirklich so leicht, dachte ich."

Persönliche Note

Was der "kleine" Kempff da erlebt, bleibt ihm ein Leben lang. Der Musikkritiker Joachim Kaiser urteilt über ihn: "Das war ein deutscher Künstler mit Leichtigkeit und Esprit, quasi ein Preuße, wie Gott ihn träumt. Und er hatte, was nicht zu erlernen ist, einen so silbernen schönen Ton." Leichtigkeit, Esprit und ein silberner Ton – Eigenschaften, die man einem deutschen Pianisten nicht zutraut. Und mancher Kritiker ist mäkelig, vermisst die "Pranke". Kempff spiele Beethoven nicht "beethovensch", sondern "kempffisch". Und Kempff fragt: Ja, wie denn sonst? "Casals sagt: Ich spiele Bach so, wie ich ihn spielen muss. Sie können mich enthaupten, es ist ganz egal, ich muss Bach so spielen, wie ich es empfinde."

Wilhelm Kempff spielt Beethoven

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Wilhelm Kempff plays Beethoven: Piano Sonatas No.14 "Moonlight" & No.27 Op.90 (1970) | Bildquelle: Vladivostok 1969 (via YouTube)

Wilhelm Kempff plays Beethoven: Piano Sonatas No.14 "Moonlight" & No.27 Op.90 (1970)

Ein Medium

Wilhelm Kempff: ein Virtuose ohne Showeffekte, ein Poet ohne Sendungsbewusstsein. Lassen wir noch einmal Annette von Bodecker zu Wort kommen: "Er ist fast wie ein Medium, durch den alles hindurchfließt und in die Tasten kommt."

WAS HEUTE GESCHAH

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 25. November 2020 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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