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Serie - Opernberufe Die Kostümbildnerin

Man sieht sie nicht auf der Bühne, aber gäbe es keine Kostümbildnerinnen, dann stünden die Opernsänger womöglich nackt auf der Bühne oder - im besten Fall - in selbst mitgebrachter Abendrobe. Antonia Fietz ist Chefin der Kostümabteilung am Regensburger Theater. BR-KLASSIK hat sie bei der Arbeit zu Glucks "Iphigenie" besucht.

Kostümbildnerin  Antonia Fietz passt ein Kostüm an der Schneiderpuppe an | Bildquelle: © Clara Fischer, Theater Regensburg

Bildquelle: © Clara Fischer, Theater Regensburg

"Die Iphigenie trägt eine Art Hochzeitskleid", sagt Antonia Fietz. "Das ist insofern sehr speziell, weil dieses Kleid mit lauter Blutbeuteln gespickt ist. Das heißt: Es gibt eine Art Blutbad auf der Bühne. Das war für uns eine Herausforderung." Während Iphigenie singt, drückt sie kräftig gegen ihre Brust, dann gegen die Hüfte. Die versteckten Blutbeutel zerplatzen, die Farbe drückt sich durch den Stoff, und plötzlich blutet Iphigenie am ganzen Körper. Natürlich kann und sollte eine Opernsängerin allein durch ihre Stimme berühren. Wenn sich dabei aber gleichzeitig ihr blütenweißes Kleid blutrot einfärbt, kommt eine visuelle Ebene hinzu, die die Emotionen noch mal verstärkt.

Im Theater verbindet sich eigentlich alles
Antonia Fietz.

Effekte wie diese überlegt sich Antonia Fietz. Seit vier Jahren ist sie Leiterin der Kostümabteilung am Regensburger Theater. Angefangen hat sie selbst an der Nähmaschine: Sie machte eine Lehre bei einem Haut-Couture-Schneider und in einer Theater- und Filmschneiderei. Es folgten Assistenzen am Theater und ein Kostümbild-Studium. Zwischenzeitlich hatte sie auch mal die Idee, in die Modeindustrie zu wechseln. Ein Praktikum habe allerdings gereicht, um ihr das zu verleiden, erinnert sich Fietz. Es seien viel zu viele Frauen auf einem Haufen gewesen - "und ich fand es ganz schrecklich, ehrlich gesagt". Dann habe sie das Theater entdeckt und zielstrebig daran gearbeitet, dieses Feld für sich zu erobern. Hier gefällt es ihr viel besser: "Man beschäftigt sich mit Literatur, mit Musik, Kunst und Fotografie - allein um sich zu inspirieren. Es verbindet sich im Theater eigentlich alles."

Eine Menge Organisation

Szenenbild aus "Iphigenie" von Gluck in Regensburg | Bildquelle: © Jochen Quast Hier ist das Kleid aus der "Iphigenie"-Produktion am Theater Regensburg noch blütenweiß. | Bildquelle: © Jochen Quast Als Chefin von 20 Mitarbeitern ist Antonia Fietz so etwas wie eine Geburtshelferin für andere Kostümbildner. Sie bespricht sich mit den Kollegen, bestellt die Materialien und hat am Ende auch ein Auge auf die Kostümprobe. Letztlich ist sie diejenige, die die Produktionen auf den Weg schickt. Nur wenn sie ausreichend Zeit hat, stellt sie noch selbst Kostüme her. Dann könne man künstlerisch arbeiten, aus der Tiefe schöpfen und seine eigene Kreativität auf Vordermann bringen, erzählt Fietz. "So etwas geht im organisatorischen Ablauf oft unter."
Antonia Fietz fühlt sich hier zwischen den Stoffen sichtlich zu Hause. Doch auf die Frage nach ihrer persönlichen Horrorinszenierung fällt ihr binnen einer Zehntelsekunde eine ein. Dafür mussten weiße historische Kostüme hergestellt werden, die im Laufe der Inszenierung verschlammt wurden, erinnert sich die Kostümbildnerin: "Wir hatten richtig nasse Erde auf der Bühne, und alle sahen aus wie Schlammschweine. Es war der Wahnsinn. Wir haben nach der Vorstellung bestimmt drei Stunden gebraucht, um das wieder herauszukriegen. Aber: Der Effekt war toll."

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