"Freundschaft, Liebe zur Musik, Humor" – das ist laut Primaria Annegret Klenke der Dreiklang, der das nach ihr benannte Streichquartett seit über dreißig Jahren zusammenhält. Wohlgemerkt in der gleichen Besetzung wie bei der Gründung 1991. Und das, obwohl sie damals an der Weimarer Musikhochschule von den Dozenten mehr oder weniger zufällig zusammengewürfelt wurden! Mittlerweile haben sich die Musikerinnen den Ruf eines der führenden deutschen Streichquartette erspielt. Das aktuelle Album mit Werken von Ravel, Schulhoff und Erkín stellt das Klenke Quartett unter das Motto: "Traditional Tunes".
Bildquelle: Accentus
Der CD-Tipp zum Anhören
Von wegen Rompreis: Die Pariser Jurymitglieder und Konservatoriumsprofessoren waren entsetzt; Gabriel Fauré weigerte sich rundheraus, die Widmung des Werks anzunehmen! Sein erstes und einziges Streichquartett brachte dem jungen Ravel nicht das ersehnte Stipendium, dafür aber jede Menge Ärger ein. Nur Claude Debussy beschwor den jungen Kollegen im Namen der Musen, an diesem Werk ja keine Note zu ändern. Zum Glück hörte Ravel hörte auf ihn:
Dass Ravel im letzten Satz des klangsinnlichen und kontrastreichen Streichquartetts einen baskischen Tanzrhythmus aus der Heimat seiner Mutter aufgriff, machte ihn zum Kandidaten für das neue Album des Klenke Quartetts. Denn hier geht es um Musik des 20. Jahrhunderts, die heimatliche Wurzeln reflektiert, folkloristische Elemente aufgreift und in die Moderne projiziert. So wie es Bartok und Kodaly in Ungarn taten; oder auch Erwin Schulhoff - ein bedeutender Vertreter der tschechischen Moderne, der nach der deutschen Besetzung inhaftiert wurde und wie viele seiner Prager Kollegen in einem Konzentrationslager der Nazis umkam. Inspiriert von der Zweiten Wiener Schule, vom Dadaismus, vom Jazz und seiner Leidenschaft für Tanzmusik schrieb Schulhoff seine Fünf Stücke für Streichquartett, die neben einer schrägen Walzerparodie und einem lasziven Tango auch einen explosiven Satz "alla czeca" enthalten:
Die Verwendung von Volksweisen ohne jeden Verdacht auf rückwärtsgewandte "Tümlichkeit", sondern als Inspiration für eine Moderne nach dem hypertrophen Wagner-Gewaber des 19. Jahrhunderts – das ist das Thema dieser CD, die vom Klenke Quartett hinreißend temperamentvoll, elegant und farbenreich musiziert wird. Den Ausschlag für diese Motto-Wahl gab die Entdeckung des jüngsten der drei Komponisten: Ulví Cemál Erkín gehört zu den Gründervätern der klassischen türkischen Musik. Unter Kemal Atatürk durfte er im Zeichen der nach Westen ausgerichteten Modernisierung des Landes per Staatsstipendium in Paris u.a. bei Nadia Boulanger studieren. Sein Streichquartett verbindet dementsprechend mitteleuropäische Formtradition mit anatolischer Koloristik. Ausgesprochen reizvolle Musik auf der Höhe ihrer Zeit, vom Klenke-Quartett in sinnfälligen Zusammenhang gestellt und mitreißend gespielt!
Maurice Ravel:
Streichquartett F-Dur
Erwin Schulhoff:
Fünf Stücke für Streichquartett
Ulvi Cemal Erkin:
Streichquartett
Klenke-Quartett
Label: Accentus
Sendung: "Piazza" am 08. Juni 2024 ab 8.05 Uhr auf BR-KLASSIK
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