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Kritik - "Das Jagdgewehr" in München Szenisch herausragend

Eine Affaire und das Leben mit der Lüge - davon handelt die Oper "Das Jagdgewehr" vom Tiroler Komponisten Thomas Larcher, die im Rahmen des "Ja, Mai"-Festivals im Cuvillés-Theater Premiere feierte. Szenisch sehr gelungen!

Das Jagdgewehr | Bildquelle: Geoffroy Schied

Bildquelle: Geoffroy Schied

Ein Gedicht über einen einsamen Jäger ist Ausgangspunkt dieses Beziehungsdramas, das Komponist Thomas Larcher 2018 für Chor und fünf Solisten vertont hat. Es ist ein Rückblick, der tief in die Seelen der Protagonisten führt und auf typisch japanische Art sehr indirekt und in Bildern spricht. Denn das Libretto, das Friedrike Gösweiner zu dieser Oper geschrieben hat basiert auf einer Novelle des Japanischen Dichters Yasushi Inoue aus dem Jahr 1949.

Stoff handelt von unglücklicher Liebe

Eine junge Frau entdeckt das langjährige Liebesverhältnis ihrer Mutter zu ihrem verheirateten Onkel kurz bevor die Mutter sich das Leben nimmt. Jahre später wird ein Dichter durch einen einsamen Jäger zu einem starken Text inspiriert und erfährt dadurch von dieser Geschichte. Unterschiedliche Perspektiven und nie ausgesprochene Wahrheiten prägen diese komplexe und schwer zu erzählende Handlung. Wo die Worte fehlen, verleiht Larchers Musik der Extremtöne den verletzten Seelen Ausdruck.

Die Sopranistinnen Juliana Zara als Tochter Shoko und Eirin Rognerud als unglückliche Ehefrau Midori geraten in Quintsprüngen über die normalen stimmlichen Grenzen in enorm hohe Koloraturtöne, und auch die Sopranistinnen der Zürcher Sing-Akademie geben diesen Klängen weiblicher Verzweiflung ein mitfühlendes Echo aus den Rokoko-Logen des Münchner Cuvilliéstheaters.

Regie und Bühnenbild überzeugen auf ganzer Linie

Vitor Bispo als begehrter und begehrender Yosuke gibt mit beeindruckend profundem Bariton ebenfalls eine starke Figur voller Widersprüche, und Tenor Daffyd Jones erfüllt als mal lyrisch-kerniger, mal im Falsett flüsternder Dichter souverän die verbindende Funktion zwischen der aus Briefen erzählten Geschichte und dem Publikum. Alles kreist um die Ehebrecherin Saiko, die von Xenia Puskarz Thomas faszinierend und stimmlich herausragend mit samtigem Mezzo dargestellt wird. Dass diese Figuren so lebensecht wirken, ist auch das Verdienst von Regisseurin Ulrike Schwab, und ohne das überaus virtuose Bühnenbild von Jule Saworski, wäre der knapp zweistündige Abend nur halb so spannend geworden.

Ein fünfeckiger Spiegeltunnel ermöglicht in der raffinierten Lichtregie kaleidoskopartige Effekte mit Ornamenten und Spiegelungen der Protagonisten, sodass die verflochtenen Beziehungen der Dreiecksgeschichte auch visuell deutlich werden. Die lebendige Optik dieser Produktion lässt das von starken rhythmischen Passagen und sich reibenden Extremklängen durchzogene Klangkunstwerk Larchers leichtfüßiger und unterhaltsamer daherkommen, als es rein akustisch wirken würde. Wobei das Bayerische Staatsorchester unter Francesco Angelico höchst prägnant und expressiv die Zerrissenheit zwischen Leidenschaft und Schuld in aller Komplexität heraufbeschwört.

Die eingeschobenen drei Monteverdi-Madrigale sind willkommene kleine Ruhepole im Nervenkrieg der verhängnisvollen Affaire, doch dramaturgischen Sinn machen sie eigentlich nicht. In dieser Eröffnungsproduktion des Münchner "Ja, Mai"-Festivals hat zur Abwechslung einmal die herausragende szenisch- interpretatorische Seite einem zeitgenössischen Opernwerk ordentlich auf die Intervall-Sprünge geholfen!

Sendung: "Piazza" am 3. Mai ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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