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Pianistin Hélène Grimaud in München "Konnte mich früh sehr glücklich schätzen"

Pausen sind wichtig, nicht nur in der Musik, sondern auch im Leben, sagt die Pianistin Hélène Grimaud. Sie selbst erlebte in der Vergangenheit eine Zwangspause. Im Interview mit BR-KLASSIK verrät sie, wie sie mit herausfordernden Situationen umgeht, woher sie ihr Grundvertrauen in das Leben nimmt und wie Tiere sie dabei unterstützen.

Pianistin Hélène Grimaud | Bildquelle: © Mat Hennek / DG

Bildquelle: © Mat Hennek / DG

BR-KLASSIK: Frau Grimaud, kurz zu Pausen in der Musik. Welche Emotionen lösen musikalische Pausen aus? Warum braucht es Pausen in der Musik?

Hélène Grimaud: Musikalische Pausen sind ein wesentlicher Bestandteil der Musik, daher auch des Klangs. Es geht um die Versöhnung von Gegensätzen, denn das eine würde ohne das andere nicht existieren. Und Stille ist in gewisser Weise das, was dem Klang sein Gewicht verleiht. Sie spielen eine dramaturgische Rolle.

Pausen als Chance, Batterien wieder aufzuladen

BR-KLASSIK: Pausen im Leben sind etwas anderes. Musikern wird ja oft nachgesagt, dass sie schwer loslassen können, weil sie so mit Leidenschaft in der Musik stecken. Wann merken Sie im Alltag, dass es Zeit ist, eine Pause zu machen?

Hélène Grimaud: Das ist normalerweise der Körper, der etwas mitteilt. Wo man spürt, dass eine gewisse Vitalität fehlt, oder die Sinne weniger scharf sind. Normalerweise ist das ein Zeichen dafür, dass es Zeit ist, die Batterien wieder aufzuladen.

BR-KLASSIK: Was tun Sie dann? Wie füllen Sie diese Pausen?

Hélène Grimaud: Wenn ich auf Tour bin und es keine andere Möglichkeit gibt, ist der beste Weg für mich die Einsamkeit. Denn dann kann man zurück in seinen Tunnel gehen, in den Tunnel der Konzentration, was wichtig ist. Im Allgemeinen im Leben ist es Kontakt zu Tieren. Das kann ein Hund oder eine Katze sein, aber auch jedes Tier. Es muss nicht einmal das eigene sein. Für mich genügt auch eine sehr kurze Begegnung.

Zwangspause in der Karriere als Standortbestimmung

BR-KLASSIK: Vor 15 Jahren mussten Sie eine Zwangspause machen aufgrund von einer Krankheit. Prägt diese Zwangspause Sie heute noch?

Hélène Grimaud: Nun, natürlich war es in diesem Fall nicht gewählt, aber es hatte den Vorteil, die Dinge wieder ins rechte Licht zu rücken. Denn es hilft, zu erkennen, was wichtig ist. Nicht dass wir es vorher nicht wissen, aber wir handeln nicht immer danach. So eine Auszeit hilft wirklich, das volle Maß dessen zu erfassen, was wesentlich ist und was nicht. Und so ist es eine gute Möglichkeit, zu überdenken, wie man weitermachen möchte.

Grundvertrauen in das Leben

BR-KLASSIK: Hatten Sie damals Sorge, dass sich die Auszeit negativ auf Ihre Karriere auswirkt?

Hélène Grimaud: Nein, niemals. Man muss Vertrauen in das Leben haben. Man muss diese Weisheit haben, alles anzunehmen, was auf einen zukommt. Ich meine, es kann leichter gesagt als getan sein, aber dieser Teil hat mich nie beunruhigt.

BR-KLASSIK: Woher nehmen Sie dieses Vertrauen?

Hélène Grimaud: Ich hatte das Privileg, in einer Familie aufzuwachsen, in der ich geliebt wurde. Dann: Nie unterschätzt zu werden, Zugang zu Musik zu bekommen, eine Leidenschaft zu finden. Ich denke, wenn man mit so etwas Existentiellem verbunden ist wie einer Kunstform, etwas, das zu Herzen geht. Und auch, wenn man sich mit der Tierwelt verbindet, mit der Natur, dann sieht man sich als nur einen sehr kleinen Teil von etwas viel Größerem. Ich konnte mich früh schon sehr glücklich schätzen.

Hélène Grimaud in München

Camerata Salzburg, mit Giovanni Guzzo (Violine und Leitung) und Hélène Grimaud (Klavier)
Isarphilharmonie München
Programm:
Wolfgang Amadeus Mozart: Symphonie Nr. 40 g-Moll KV 550
Johannes Brahms: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 op. 15 d-Moll

Sendung: "Leporello" am 2. Mai 2025 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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