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Unvergessener Maestro Mariss Jansons - eine Karriere in Videos

Am 1. Dezember 2019 ist Mariss Jansons mit 76 Jahren in seiner Wahlheimat Sankt Petersburg gestorben. Zum 5. Todestag dokumentieren legendäre Videosequenzen die wichtigsten Karriere-Stationen des unvergessenen BRSO-Chefdirigenten.

Mariss Jansons | Bildquelle: BR Peter Meisel

Bildquelle: BR Peter Meisel

#1 EINE ERFOLGSSTORY AUS OSLO

Ein smarter Dirigent im weißen Dinner Jacket: Im Sommer 1983 leitet der 40-jährige Mariss Jansons ein Open-Air-Konzert des Oslo Philharmonic – seit 1979 ist der gebürtige Lette dort Chefdirigent. Spektakulärer Schauplatz ist die Holmenkollen Arena, eine traditionsreiche Skisprungschanze auf dem gleichnamigen Berg über Oslo. Zu Beginn des Videos sieht man den Schanzenturm, bevor Jansons den Einsatz gibt zu "Frühlingsrauschen", dem Hit des Norwegers Christian Sinding. Im Sommer flutet man die Arena und errichtet am Ufer des Sees eine überdachte Bühne für Open-Air-Events. Fraglos war das 1983 eines, dessen Atmosphäre die Kameras auf einem Kahn berauschend eingefangen haben.

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Frühlingsrauschen / Christian Sinding / Mariss Jansons / Oslo Philharmonic

#2 LEHRJAHRE IN LENINGRAD

Wie sein Vater wird Mariss Jansons 1971 Assistent von Jewgenij Mrawinskij, dem legendären, für seine Strenge gefürchteten Chef der Leningrader Philharmoniker. Durch Mrawinskij, der viele Werke seines Freundes Dmitrij Schostakowitsch mit den Leningradern aus der Taufe gehoben hat, wird Jansons mit der epochalen Symphonik des Komponisten vertraut – und später selbst zu einer Schostakowitsch-Autorität. Der Video-Ausschnitt entstand bei einem Gastspiel der Leningrader Philharmoniker 1986 in Tokio in der renommierten Suntory Hall. Im erzwungenen Schlussjubel der populären Fünften Symphonie von Schostakowitsch wird das unbändige Temperament, mit dem Jansons am Pult agiert, drastisch vor Augen und Ohren geführt.

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Shostakovich: Symphony No. 5 in D minor, IV. Allegro non troppo, Conductor: Mariss Jansons

#3 DAS WUNDER VON OSLO

Überall auf der Welt standen Jansons akustisch exzellente Konzertsäle zur Verfügung, auch im 1977 eröffneten Konzerthaus von Oslo – nur in München nicht. Mit seinem Arbeitsethos und seiner intensiven Probenarbeit gelingt es Jansons, das Oslo Philharmonic auf internationales Topniveau zu katapultieren. Von Oslo aus strahlt sein Ruhm in die Welt. Die Aufzeichnung des dritten Satzes aus Claude Debussys symphonischen Skizzen "La mer" stammt aus dem Jahr 1995, da ist Jansons bereits 16 Jahre Chefdirigent des Orchesters. Im stürmischen "Dialog zwischen Wind und Meer" wird der Klangfarbenreichtum hörbar, den Jansons dem norwegischen Orchester entlockt. Seine Energie ist im Video mit Händen zu greifen.

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La mer (3rd movement) / Claude Debussy / Mariss Jansons / Oslo Philharmonic

#4 STERNSTUNDEN MIT MAHLER

Auch als fünfter Chefdirigent in der Geschichte von Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks setzt Mariss Jansons die große Mahler-Tradition seiner Amtsvorgänger Rafael Kubelik, Colin Davis und Lorin Maazel glanzvoll fort. Dem Münchner Publikum beschert Jansons einen kompletten Mahler-Zyklus. Auch fürs Fernsehen aufgezeichnet wurde seine Interpretation der Achten Symphonie Gustav Mahlers von 2011 aus der Philharmonie im Münchner Gasteig. Die umjubelte Aufführung markierte auch ein Stück Münchner Musikgeschichte, erlebte die "Symphonie der Tausend" 1910 doch hier ihre legendäre Uraufführung. Da war Jansons ganz in seinem Element und ließ – frei nach Gustav Mahler – das "Universum tönen und klingen, Planeten und Sonnen kreisen".

Bildquelle: BR Peter Meisel

#5 WIEN, WIEN, NUR DU ALLEIN

Mögen auch die Dirigenten am Pult tänzeln – getanzt wird beim Wiener Neujahrskonzert eher nicht, höchstens mitgewippt. Dreimal hat Jansons das weltweit verbreitete TV-Event im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins geleitet – ein Ritterschlag, den die Wiener Philharmoniker nur ihren Lieblingsdirigenten verleihen. Meist dominiert der Dreivierteltakt in den Programmen der Walzerkönige. In dieser "Danse diabolique" von Joseph Hellmesberger junior, die Jansons beim Neujahrskonzert 2012 präsentiert hat, dauert es allerdings eine Weile, bis selbst der Teufel dem Delirium des Dreiertakts verfällt.

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Concert New Year 2012 Wien - Musikverein

#6 BEETHOVEN IST EIN MUSS

An Beethoven kommt kein Dirigent vorbei – erst recht nicht, wenn er Chef eines Spitzenorchesters ist. 2012 war für Jansons und das BRSO ein intensives Beethoven-Jahr: Parallel entstanden in München und Tokio komplette Zyklen, die auch auf CD dokumentiert sind. In München setzte Jansons Beethovens Symphonien mit zeitgenössischen Auftragswerken in einen spannenden Dialog. Beethoven pur gab’s dagegen für die asiatische Fangemeinde – und die bessere Akustik hatten Jansons und die Seinen natürlich in der klanglich exzellenten Suntory Hall in Tokio. Nicht umsonst hat Richard Wagner die furios tobende Siebte Beethovens als "Apotheose des Tanzes" bezeichnet – womit wir wieder beim Tanz wären.

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Beethoven Symphony No 7 Mariss Jansons & Bayerischen Rundfunks (Tokyo 2012)

#7 AMSTERDAM ALS ZWEITES STANDBEIN

Parallel zu seiner Münchner Ära nimmt Jansons 2004 eine weitere Chefposition an, und zwar beim traditionsreichen Königlichen Concertgebouw Orchester in Amsterdam. Seit seiner Gründung 1888 spielt dieses bedeutendste Symphonieorchester der Niederlande im gleichnamigen historischen Konzertgebäude, das nicht nur für seine besondere Architektur, sondern auch für seine Akustik berühmt ist. Bis 2015 bleibt Jansons Chef dieses Toporchesters. Aus dieser Zeit stammt der Amsterdamer Video-Mitschnitt des zweiten Satzes aus Peter Tschaikowskys Fünfter Symphonie. In diesem Andante cantabile zeigt Jansons, dass er auch ein seelenvoll-unsentimentaler Tschaikowsky-Dirigent war, geschult am Vorbild Jewgenij Mrawinskij – gelernt ist gelernt.

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Symphonic Gems: Tchaikovsky's Symphony No. 5 - II. Andante cantabile - Mariss Jansons

#8 PRÜFSTEIN RICHARD STRAUSS

Auch die brillante Orchestermusik von Richard Strauss war eine Spezialität von Mariss Jansons – da sind die Pultstars mit ihren analytischen Fähigkeiten gefragt, und die Orchester haben ordentlich zu tun. Die komplexen Partituren von Strauss verlangen aber vor allem eine ausgefeilte Klangdisposition. Dass Jansons die Balance der Stimmen und Register meisterhaft beherrschte, zeigt die vielschichtige Tondichtung "Also sprach Zarathustra", aufgezeichnet 2012 im Amsterdamer Concertgebouw. Ein Stück Klangfarbenmagie!

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Strauss - Also sprach Zarathustra - Mariss Jansons | Concertgebouworkest

#9 EIN LETZTES KONZERT

Am 22. März 2019 gastiert Jansons mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks im Amsterdamer Concertgebouw – es sollte sein letztes Konzert in seiner zeitweiligen Wirkungsstätte werden. Gut acht Monate später, am 1. Dezember 2019, erliegt Mariss Jansons mit 76 Jahren in seiner Wahlheimat Sankt Petersburg seiner Herzerkrankung. Das Finale aus der Neunten Symphonie von Antonín Dvořák, die er für die "Neue Welt" komponiert hatte, zeigt noch einmal eindringlich, mit welchem Herzblut Jansons sein BRSO, dessen Chefdirigent er bis zu seinem Tod war, durch diese sehnsuchtsvoll-leidenschaftliche Musik führte – bis zum ersterbenden Ende.

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Mariss Jansons' last concert in The Concertgebouw: Dvorak - Symphony no. 9 - IV: Allegro con fuoco

Webdossier zu Mariss Jansons

Am 1. Dezember 2024 jährt sich der Todestag von Mariss Jansons zum fünften Mal. BR-KLASSIK ehrt den ehemaligen Chefdirigent von Symphonieorchester und Chor des Bayerischen Rundfunks mit einem umfangreichen Webdossier.

Unsere Sendereihe zum 5. Todestag von Mariss Jansons im Radio:

Konzertabend mit dem BRSO am Freitag, den 29. November ab 20.03 Uhr -- Cantabile mit dem BR-Chor am Samstag, den 30. November ab 13.05 Uhr -- Symphonische Matinée mit dem BRSO am Sonntag, den 1. Dezember ab 10.05 Uhr

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