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Kommentar: Karriereknick bei Thielemann? Was dem Stardirigenten jetzt noch bleibt

Was wird aus Christian Thielemann? Die sächsische Kulturministerin Barbara Klepsch versichert in ihrer Pressemeldung, sie würde sich freuen, wenn Christian Thielemann der Semperoper auch nach Auslaufen seines Vertrags künstlerisch verbunden bliebe. Der CDU-Politikerin ist natürlich klar, dass das wohl kaum passieren wird. Christian Thielemann ist nicht bekannt für großzügiges Vergeben und Vergessen von Unrecht, das ihm vermeintlich oder tatsächlich zugefügt wurde.

Dirigent Christian Thielemann | Bildquelle: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Robert Michael - Montage: BR

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Andererseits ist der Noch-Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle und ausdrücklich nicht Generalmusikdirektor der Semperoper aber auch immer wieder für eine Überraschung gut. In diesem Fall dafür, dass er es dann zwölf Jahre lang auf einem Leitungsposten ausgehalten haben wird, wenn der Vertrag 2024 ausläuft. Alle vorhergehenden Stellen in Nürnberg, Berlin, München hatte er jeweils nach etwa sieben Jahren mit Riesenkrach verlassen. Auch das ist eine Neuerung: In Dresden wird er mit den besten Wünschen für den weiteren Lebensweg entlassen, ohne dass es vorher richtig viel Theaterdonner gab.

In Salzburg rausgekantet, Zukunft in Bayreuth unklar

Christian Thielemann dirigiert | Bildquelle: Staatskapelle Dresden / Matthias Creutziger Gehen bald getrennte Wege: Christian Thielemann und die Staatskapelle Dresden. | Bildquelle: Staatskapelle Dresden / Matthias Creutziger Wie geht's jetzt also weiter mit einem der bekanntesten deutschen Musiker im besten Dirigentenalter? In Salzburg hat Nikolaus Bachler ihn rausgekantet, bei den Bayreuther Festspielen ist immer noch nicht klar, ob sein Ende 2020 ausgelaufener Vertrag als Musikdirektor verlängert wird. Für den weltweit gefragten und sehr selbstbewussten Dirigenten ist es wahrscheinlich eine ganz neue Erfahrung, dass seine Karriereoptionen derzeit überschaubar sind. Wenn sich sogar die Dresdner Semperoper öffnen soll für Digitalisierung und Regionalisierung, Diversität, Inklusion, Outreach und was es da sonst noch so Modisches gibt, wird der Platz eng für die knorrigen Dirigenten vom Schlage Thielemanns, denen es reicht, Wagner, Strauss und gelegentlich mal was Italienisches auf höchstem Niveau zu dirigieren.

Als Gastdirigent in Höchstform

Bei den Wiener Philharmonikern funktioniert das noch ganz gut, aber die haben halt keinen Chefdirigenten. Die Chefposten an den großen Opernhäusern und Orchestern sind momentan nicht vakant, und es ist durchaus die Frage, ob Thielemann an einem solchen Posten überhaupt noch Interesse hat. Am besten war er ohnehin immer, wenn er als Gast ein sehr gutes Orchester zu Verfügung hatte. Das war schon in den Neunziger Jahren in Covent Garden so, als Bernard Haitink Musikalischer Leiter war und Christian Thielemann regelmäßig Strauss dort dirigierte. Das ist bei den Berliner Philharmonikern so, wo er mit seinen Lieblingskomponisten regelmäßig für Begeisterungsstürme sorgt.

Porsche fahren und Partituren studieren

Zuletzt debütierte er mit großem Erfolg beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dessen Chefdirigenten er aus Berlin schon kennt. Aber vielleicht möchte er jetzt auch einfach kürzertreten. Schließlich gehörte Thielemann nie zu den Vielfliegern, die nur anhand ihres Kalenders sehen können, in welcher Stadt sie gerade sind, und er hat immer wieder behauptet, er mache nur, worauf er wirklich Lust habe und was er kann. Aber immer nur Porsche fahren und in seiner Villa Partituren studieren? Das können wir uns dann doch nicht vorstellen. Irgendwann muss ja sogar ein Daniel Barenboim die Leitung der Berliner Staatsoper abgeben. Da hätte der bekennende Berliner Thielemann es nicht so weit zur Arbeit.

Sendung: "Allegro" am 14. Mai 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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