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Kritik – "Don Giovanni" bei der Mozartwoche in Salzburg Halbszenisch – und doch theatralisch

Zumindest ein paar Requisiten hat Rolando Villazón auf der Bühne der Felsenreitschule platziert, um seinen "Don Giovanni" etwas szenischer wirken zu lassen. Magdalena Kožena als Elvira und Julia Lezhneva als Zerlina – reicht die Starbesetzung aus, damit diese Version der "Oper aller Opern" in Salzburg überzeugen kann?

"Don Giovanni" bei der Salzburger Mozartwoche 2023  | Bildquelle: Wolfgang Lienbacher

Bildquelle: Wolfgang Lienbacher

Ein abendliches Geburtstagsständchen unter dem Mozartdenkmal am Salzburger Mozartplatz: Trotz heftigem Schneetreiben hat sich eine große Menschenmenge um Rolando Villazón und die Los Mariachis Negros versammelt und summt mit, wenn diese in mexikanischer Tracht mit breiten Sombrerohüten mexikanische Serenate für Wolferl zum Besten geben.  

Rolando Villazón dominiert die Salzburger Mozartwoche

Gefeiert wird Mozart mit einer Mozartwoche der Stiftung Mozarteum schon seit 1956, seit Mozarts 200. Geburtstag. Nach einem Ausfall und eingeschränktem Betrieb während der Pandemie öffnen sich 2023 nun wieder das Große Salzburger Festspielhaus und die Felsenreitschule für "Mozart pur" – so das Motto für die über 50 Veranstaltungen. Neben großen Konzerten, etwa mit den Wiener Philharmonikern unter Marc Minkowski oder Thomas Guggeis, gibt es auch viel Rahmenprogramm. 2023 soll in erster Linie programmatisch dem "Wunderkind" "der reife Mozart" gegenübergestellt werden. Rolando Villazón, seit fünf Jahren Leiter der Mozartwoche, ist dabei unentwegt präsent. Am selben Tag, an dem er das mexikanische Geburtstagsständen darbietet, plauderte er zuvor in einer eigenen Veranstaltung im Tanzmeistersaal in Mozarts Wohnhaus mit der Mozartforscherin Geneviève Geffray über Mozarts Briefe. Am Abend zeichnet Villazón dann für die szenische Einrichtung der "Oper aller Opern" (Kierkegaard) verantwortlich: "Don Giovanni" – allerdings nur semikonzertant präsentiert.

Adrás Schiff dirigiert vom Hammerflügel aus

Sir András Schiff, schon seit 37 Jahren – zunächst vor allem als Pianist – bei der Mozartwoche regelmäßig dabei, leitet dabei, auch vom Hammerflügel aus, seine Capella Andrea Barca. Ein Ensemble, das sich aus international tätigen Kammermusikern zusammensetzt und nach einem fiktiven toskanischen Komponisten und Mozartverehrer benannt ist.

Halbszenische Aufführung in der Felsenreitschule

"Don Giovanni" bei der Salzburger Mozartwoche 2023  | Bildquelle: Wolfgang Lienbacher "Don Giovanni" bei der Mozartwoche in Salzburg | Bildquelle: Wolfgang Lienbacher Theatralisch wirkt die halbszenische Aufführung des "Don Giovanni" aber dennoch, auch wenn auf der Bühne ausschließlich das Orchester platziert ist. Nur zwei Häuserfronten am Rande und im Hintergrund die immer wieder bunt angeleuchteten Arkaden der Felsenreitschule (Licht: Davy Cunningham) geben eine szenische Andeutung. Bis auf das Livree des Dieners Leporello agieren die Sängerinnen und Sänger in Abendkleidung, doch sie spielen ihre Rollen nicht nur psychologisch genau, sie agieren mit dem Orchester, verstecken sich unter den Musikern, suchen Beipflichtung im Blickkontakt mit dem Dirigenten.

Magdalena Kožena, Julia Lezhneva und Julian Prégardien überzeugen

Gegenüber szenischen Aufführungen verschiebt sich dabei auch der Schwerpunkt der Oper. Nicht die Verführungskünste Don Giovannis stehen im Mittelpunkt, sondern das Räsonieren von Musiker*innen und Sänger*innen über seine Taten, das Ungewiss-Sein, wie weit er übergriffig geworden sein könnte, und was das bedeutet, wenn Giovannis Treiben in die Öffentlichkeit gerückt würde. Kein auftrumpfender Frauenheld, fast zurückhaltend ist Johannes Kammler in der Titelrolle. Magdalena Kožená (bereits seit 27 Jahren bei der Mozartwoche) beeindruckte mit tiefer Intensität als Elvira mit ihren Zweifeln, und Julia Lezhneva betörte mit weichem Sopran als Zerlina. Ihre Traumata, die Don Giovanni hervorgerufen hatte, führte Sylvia Schwartz als Donna Anna vor. Am beeindruckendsten und tief berührend, ja unter die Haut gehend, Julian Prégardien als Don Ottavio. Die beiden Arien sind Höhepunkte des Abends. Tatsächlich ein Fest für Mozart.

Sendung: "Allegro" am 30. Januar 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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Samstag, 28.Januar, 19:49 Uhr

Bassetto

Andrea Barca

Kleine Anmerkung: Der Name des Ensembles Andrea Barca ist vor allem eine augenzwinkernde Italianisierung des Namens seines Gründers.
Andrea ist die italienische Form von András (dt. Andreas) und „Barca“ ist das italienische Wort für Boot oder, nun ja, eben Schiff!

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