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Pianistin Olga Scheps "Ich strebe nach perfekter Interpretation"

Mit Musik von Frédéric Chopin verzaubert sie ihr Publikum: Jetzt kommt die Pianistin Olga Scheps für ein Konzert nach München. Was Chopin ihr persönlich bedeutet und ob sie eigentlich gern übt, verrät die 38-Jährige im Interview.

Olga Scheps | Bildquelle: Uwe Arens / Sony Music

Bildquelle: Uwe Arens / Sony Music

BR-KLASSIK: Sie haben sich viel mit Frédéric Chopin auseinandergesetzt. Wer ist er für Sie?

Olga Scheps: Chopin hatte die gleichen Gefühle und Gedanken, die wir heute auch haben. Ich finde, dass er unheimlich offen und ehrlich komponiert hat, durch seine sehr lyrische Art. Wir können nur spekulieren, was für ein Mensch er war. Aber in seiner Musik kommt so viel Kraft vor, auch Wut, Verzweiflung, Ekstase, Hoffnung, unheimlich viel Energie, Freude und Leichtigkeit. Dann auch wieder eine große Schwere und große Trauer.

BR-KLASSIK: Kommt man bei Chopin irgendwann an einen Punkt, an dem man ihn durchschaut und verstanden hat?

Olga Scheps: Ich glaube, dass man immer auf der Suche ist, was man mit der Musik ausdrücken möchte. Wenn ich vor Konzerten das Gefühl habe, okay, jetzt weiß ich, wie es geht, dann komme ich auf die Bühne, und es ist trotzdem jedes Mal etwas Neues. Es ist nie zweimal das gleiche Konzert.

Der Konzertsaal ist ein ganz besonderer Ort, an dem wir unsere Seelen öffnen.
Pianistin Olga Scheps

BR-KLASSIK: Wieviel Außenwelt nehmen Sie wahr, wenn Sie im Saal am Flügel sitzen?

Olga Scheps: Ich nehme alles wahr, jedes Geräusch. Ich habe ein sehr feines Gehör, und ich spüre die Anwesenheit des Publikums. Das finde ich sehr schön, denn ich glaube, dass wir durch die Musik verbunden sind. Der Konzertsaal ist ein ganz besonderer Ort, an dem wir unsere Seelen öffnen. Wir sind miteinander dort, auch ohne miteinander zu sprechen. Man erlebt gemeinsam etwas und weiß, dass die anderen es verstehen und ähnlich empfinden.  

Die Pianistin Olga Scheps in München

Am 18. Februar 2024 um 15:30 Uhr gibt Pianistin Olga Scheps ein Konzert im Prinzregententheater in München.
Programm:
Ludwig van Beethoven: Sonate Nr. 8 c-moll op. 13 "Pathétique" und Sonate Nr. 31 As-Dur op. 110
Frédéric Chopin: Balladen Nr. 1 g-moll op. 23, Nr. 2 F-Dur op. 38, Nr. 3 As-Dur op. 47 und Nr. 4 f-moll op. 52
Zur Veranstaltung.

BR-KLASSIK: Im Konzert am Münchner Prinzregententheater spielen Sie nicht nur Chopin, sondern auch Beethoven: die frühe Sonate "Pathétique" Nr. 8 c-moll op. 13 und die späte Sonate Nr. 31 As-Dur op. 110. Was sagen Sie uns mit dieser Auswahl?

Olga Scheps: Beethoven hat eine ganz bestimmte Tonsprache, an der man ihn sofort erkennt. Gleichzeitig hat er sich nie wiederholt, alles ist immer irgendwie neu und seine Musik hat sich sehr verändert über die Jahre. Das finde ich sehr spannend zu sehen. Wenn man eine Sonate aus seiner früheren Schaffenszeit und eben eine seiner späten Sonaten direkt nacheinander hört, bemerkt man den Unterschied sehr stark.

Jemand, der sagt, dass er immer gerne übt, lügt wahrscheinlich.
Pianistin Olga Scheps

BR-KLASSIK: In unserer BR-KLASSIK-Serie "Üben wie die Profis" geht es um Tipps und Tricks rund ums Üben. Müssen Sie sich zum Üben zwingen oder üben Sie gern?

Olga Scheps: Jemand, der sagt, dass er immer gerne übt, lügt wahrscheinlich. Denn das Üben macht nun mal keinen Spaß. Manchmal habe ich Lust und freue mich darauf. Aber meistens ist es eben eine Arbeit, die erledigt werden muss. Dazu gehört, dass ich die Stücke auswendig lerne, dass ich den Notentext studiere, dass ich mir alles merke, was da steht, dass ich Passagen, die nicht klappen, immer wieder spiele. Es ist eben Training. Und dann, bei den letzten zehn Prozent, wenn man das Stück schon kann, geht der Spaß los. Aber ich glaube nicht, dass man jemals eine Phase erreicht, in der man das Stück zu 100 Prozent kann. Ich spreche hier für mich, denn ich strebe nach einer perfekten Interpretation. Einige Male war ich schon ganz nah dran. Da hatte ich das Gefühl, 99 Prozent von dem, was ich mir vorgestellt habe, hatte ich umgesetzt. Aber selbst wenn ich versuche, zweimal genau die gleiche Interpretation zu spielen, klappt es nicht. Man findet immer wieder was Neues in der Musik. Es ist eine stetige Suche.

Das Gespräch führte Michael Atzinger für BR-KLASSIK

Kommentare (1)

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Sonntag, 18.Februar, 19:55 Uhr

Christian Sommerhoff

Grandios

Das war ein fulminantes Konzert heute in München. Schon nach den ersten Takten war ich zu Tränen gerührt, so beeindruckt und berührt war ich. Olga Scheps spielt nicht nur mit ihren virtuosen Händen - ihr ganzer Körper baut Energie auf, bremst und lenkt ihr Weltklasse-Spiel, dem man ewig zuhören möchte. Es ist die perfekte Interpretation, weil sie lebendig und voller Seele ist. Olga Scheps ruft alle erdenklichen Emotionen ab, ihr Spiel ist pure Hingabe; an einem Tag wie heute dabei sein zu dürfen, ist ein wahres Geschenk.

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