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Kritik – Dvořáks "Rusalka" am Theater Regensburg Raus aus der Anstalt

Zwei Welten stehen in unvereinbarem Konflikt in Dvořáks Vertonung des Märchenstoffs von der Wassernixe, die aus Liebe zu den Menschen gehören möchte. Die 1901 uraufgeführte Oper war seit über 80 Jahren nicht mehr am Theater Regensburg zu erleben, nun hatte das Stück dort Premiere in der Inszenierung von Louisa Proske. Sie ist derzeit stellvertretende Intendantin und Operndirektorin in Halle und zeigt es als bitteres Lehrstück über Traumwelt und Realität.

Szene aus "Rusalka" am Theater Regensburg, Premiere 6. April 2024 | Bildquelle: Marie Liebig

Bildquelle: Marie Liebig

Kritik

Dvořáks "Rusalka" in Regensburg

Die Welt der zauberhaften Wasserwesen, der Elfen und Nixen inklusive der Hexe Ježibaba ist in Regensburg die Welt einer psychiatrischen Anstalt. Die Insassinnen werden von Pflegern betreut und die Oberschwester Ježibaba nimmt sie sich gelegentlich vor. Bei Rusalka ist das dringend nötig, denn die Nixe träumt ihren Kleinmädchentraum von der Hochzeit mit einem Prinzen immer noch und malt Fenster an die Krankenhauswand. Auch die Besuche ihres Vaters, des Wassermanns, den Roger Krebs passend zwischen gütig und despotisch changieren lässt, bringen sie nicht auf andere Gedanken. Da muss eine Narkosespritze her, oder später auch Elektroschocks.

Wie aus einem Gemälde von Edward Hopper

Szene aus "Rusalka" am Theater Regensburg, Premiere 6. April 2024 | Bildquelle: Marie Liebig Bildquelle: Marie Liebig Das sieht auf der Bühne von Dorota Caro Karolczak zwar durchaus ernüchternd aus, doch bereits zum berühmten "Lied an den Mond" im ersten Akt träumt sich Theodora Varga als berührende Rusalka hinaus aus dieser Anstalt. Videoprojektionen zeigen die Idylle eines Sees im Mondschein, und nach einer irren Kamera-Flugszene durch den Wald mitsamt Rollstuhl, angeführt von der wunderbar hexenhaften Svitlana Slyvia als Ježibaba und ihrem Pflegepersonal, landet Rusalka an einer Tankstelle, die einem Edward-Hopper-Gemälde entnommen sein könnte. Es schneit wie in der Schneekugel mit dem Brautpaar, die das kleine Statisten-Mädchen Rusalka immer dabeihat. Und tatsächlich nimmt sie der Womanizer-Prinz, ebenfalls facettenreich und glanzvoll gesungen von Hany Abdelzaher mit in sein Jagdschloss voller Trophäen.

Konsequent durchdachte und geführte Inszenierung

Leider geht es nicht gut aus mit den beiden, die Hofgesellschaft, großartig gesungen und gespielt vom Regensburger Chor, schneidet die stumme Braut. Und die glamouröse fremde Fürstin, souverän portraitiert von Patrizia Häusermann, bringt den Prinzen leidenschaftlich in Wallung. Rusalka muss zurück in die alte Welt. Die ist nun noch schrecklicher geworden, und auch der Prinz endet im Irrenhaus, wo ihn der Gnadenkuss seiner Geliebten erlöst. In Louisa Proskes konsequent durchdachter und sehr genau geführten Inszenierung legt die irrlichternde Rusalka zuletzt Feuer in der Anstalt und steht wie eine Götterdämmerungs-Brünnhilde im Schlussbild. Die Satten Klänge aus dem Graben unter GMD Stefan Veselka unterstreichen die Seelenverwandtschaft dieser Opernheldinnen. Die Rusalka ist eine gelungene Gratwanderung zwischen Märchen und Psychothriller.

Sendung: "Allegro" am 8. April 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (4)

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Dienstag, 23.April, 15:45 Uhr

Irmgard Schühlein-Eiblmeier

Rusalka

Ich fand die Aufführung schrecklich.
Diese ganze Irrenhaus-Szenerie: völlig daneben...
Die Folter-Szene im Hintergrund: abartig... Eine Zumutung!
Nicht das ich ein Märchen sehen hätte wollen, aber bitte eine subtilere Umsetzung!
Ich war mit einer ukrainischen Bekannten in der Vorstellung, die sich sehr darauf gefreut hat und ihr war die Enttäuschung auch anzumerken.
Pluspunkt: das Orchester war sehr gut!

Montag, 08.April, 18:46 Uhr

Goldfinger

Rusalka

Auch ich war bei der Premiere dabei: Die Handlung packend erzählt und intelligent inszeniert.
Eine hoch-romantische Interpretation könnte ich mir nur schwer vorstellen

Montag, 08.April, 15:44 Uhr

Latscha Robert

Rusalka

Ich war dabei und kann die Kritik voll unterstreichen.
Die Inszenierung und die Personenführungvwar genial.

Sonntag, 07.April, 11:30 Uhr

Barboncino

Rusalka

Wenn man meinte, dass die unsinnige Inszenierung der Rusalka an der Staatsoper Unter den Linden- mit dem Lied an den Mond aus der Badewanne und der bedauernswerten Christiane Karg als kriechendes Ungeheuer im letzten Akt-nicht übertroffen werden kann, dann scheint das in Regensburg doch gelungen zu sein. Die Berliner Rusalka spielte zwar in einem Mehrfamilienhaus, aber im Grunde genommen war es wie in Regensburg ein Irrenhaus.Den beiden Regisseuren empfehle ich, sich einmal die wunderbare,stimmige Inszenierung der Rusalka an der Staatsoper Prag anzusehen,wo Musik und Bühnenbild durch ihre Harmonie verzaubern und einen bleibenden positiven Eindruck hinterlassen.

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