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Krönungen in der Musik Prächtige Krönungsmusiken heute und damals

Krönungen sind untrennbar mit Musik verbunden. Das zeigt sich allein schon in der schieren Masse an Krönungsmusiken, die quer durch die Zeiten erhalten ist – wollte doch jeder Monarch seine eigene Musik haben, wenn er den Thron des Reiches besteigt. Mal bleibt die Musik dabei ein einmaliges Ereignis, mal wird sie wie Mozarts Krönungsmesse immer wieder verwendet. Eines haben alle Krönungsmusiken aber gemein: Sie sind festlich, sollen beeindrucken und die Macht des Herrschers demonstrieren – nur der genaue Anlass kann variieren.

Die bayerische Königskrone, in Paris von Charles Percier in den Jahren 1806/07 entworfen | Bildquelle: picture-alliance/ dpa/dpaweb | Bayerische Schlösserverwaltung

Bildquelle: picture-alliance/ dpa/dpaweb | Bayerische Schlösserverwaltung

Eine Krönung – unterschiedliche Musik

Krönung des Kaiserpaares Franz Joseph und Elisabeth in Ungarn. Lithographie. 1867. | Bildquelle: picture-alliance / IMAGNO/Österreichisches Volkshoc | Anonym Krönung des Kaiserpaares Franz Joseph I. und Elisabeth 1867 in Ungarn. | Bildquelle: picture-alliance / IMAGNO/Österreichisches Volkshoc | Anonym Als etwa Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth (Sissi) am 6. Juni 1867 in Ungarn zu König und Königin gekrönt werden, wird der Landsmann Franz Liszt beauftragt, die Musik für den Gottesdienst zu schreiben. Er komponiert seine Ungarische Krönungsmesse – eine festliche, würdevolle Musik. Ganz anders mutet jedoch die Musik an, die am Tag nach der Krönung in Wien aufgeführt wird. Gleiches Ereignis, anderer Umstand: Auch hier finden Feierlichkeiten statt – ohne das Kaiserpaar, dafür aber im Wiener Volksgarten. Und natürlich darf auch hier die Musik nicht fehlen. Speziell für diesen Anlass komponiert Josef Strauss einen ungarisch-wienerischen Krönungsmarsch und seinen Walzer "Krönungslieder" – weitaus weniger kirchlich-würdevoll, vielmehr unterhaltend, und doch zur selben Krönung.

Österreichische Krönungsmusik in Russland

Nicht zu verwechseln sind die beiden Werke im Übrigen mit dem Krönungsmarsch und dem Walzer "Krönungslieder" von Johann Strauß Sohn, der seine beiden Stücke wiederum nicht dem österreichischen Kaiserpaar widmet, sondern dem russischen Zarenpaar Alexander II. und Marija Alexandrowna. Nicht bei der Krönung selbst, aber sie zum Anlass nehmend, führt Johann Strauß diese beiden Stücke bei seiner ersten Russlandreise in Pawlowsk auf. Dort befand sich die Sommerresidenz des Zaren und auch die ein oder andere Lustbarkeit für die russische Obrigkeit, bei der ein Orchester, das zum Tanz aufspielte, nur gelegen kam – besonders wenn das ganze Land in Feierlaune war. Und ein Komponist ist schließlich nicht an sein eigenes Land gebunden, nicht einmal bei Krönungsmusiken.

Eine Krönungsmusik im modernen Sinne

Als Alexander II. stirbt, folgt ihm sein Sohn Alexander III. nach. Für ihn schreibt ein tatsächlicher Landsmann die Krönungsmusik: Peter Iljitsch Tschaikowsky. 1883 komponiert er seinen Krönungsmarsch in D-Dur. Obwohl er anklingen lässt, es sei eine Gelegenheitskomposition gewesen, nimmt das Werk einen weitaus größeren Platz in der russischen Geschichte ein: Während der Zeit der Sowjetunion wird der Marsch bearbeitet und an die neuen Gegebenheiten angepasst – weg vom Zarentum, hin zur Präsidentschaft. Seit 2008 begleitet eine gekürzte Version den Einzug des neuen Präsidenten bei dessen Amtseinführung – eine Krönungsmusik im modernen Sinne.

Napoleons Krönung

Die Krönung Napoleons (am 2.12.1804 in der Kathedrale Notre-Dame in Gegen- wart des Papstes Pius VII.).- Gemaelde, 1806/7, von Jacques-Louis David (1748-1825) | Bildquelle: picture-alliance / akg-images / Erich Lessing | Erich Lessing Die Krönung Napoleons in der Kathedrale Notre-Dame in Paris. | Bildquelle: picture-alliance / akg-images / Erich Lessing | Erich Lessing Komponieren einige Komponisten wie Tschaikowsky ihre Krönungsmusiken aus Vaterlandsliebe, so sieht das längst nicht bei allen so aus. Giovanni Paisiello, ein ehemals hochgeschätzter, heute eher in Vergessenheit geratener italienischer Komponist etwa wurde bisweilen von Napoleon beschäftigt. So richtig warm scheint er mit ihm oder zumindest den Franzosen allerdings nie geworden zu sein, nach nur einem Jahr in Paris kehrt er in seine Heimatstadt Neapel zurück. Kein Wunder, Napoleon soll nicht gerade der musikalischste Mensch gewesen sein. Dennoch schätzt er Musik sehr – und vor allem die von Paisiello. Als er die Musik zu seiner Krönung auswählt, wünscht er sich nun also von keinem anderen als Paisiello seine Krönungsmesse. Dieser jedoch scheint von seinem Glück nur wenig begeistert und soll die Messe, die er Napoleon daraufhin schickt, Gerüchten zufolge aus der Schublade gezogen haben. In der Tat ist sie keines seiner Meisterwerke.

Chaos bei Händels Coronation Anthems

Eindeutig ein Meisterwerk und eine der berühmtesten Krönungsmusiken hingegen ist die Hymne "Zadok, the Priest" von Georg Friedrich Händel. Dabei lief bei der Zeremonie zunächst nicht alles wie am Schnürchen. 1727 war Händel damit beauftragt worden, Musik für die Krönung von George II. zu schreiben: vier Coronation Anthems. Doch offenbar hatte es in der Kommunikation mit dem Erzbischof von Canterbury William Blake etwas gehakt. Denn dieser hatte den Ablauf leicht verändert, Händel davon allerdings nicht in Kenntnis gesetzt. Die Zeremonie entpuppt sich als völliges Chaos. Manche Hymnen wurden an falscher Stelle gesungen, andere Texte, die Händel hätte vertonen sollen, hatte er nicht vertont und umgekehrt. Den bestehenden Kompositionen hat das jedoch keinen Abbruch getan, ganz im Gegenteil: Die Briten waren begeistert – und sind es immer noch. Bis heute ist die Hymne "Zadok, the Priest" fester Bestandteil bei britischen Krönungen.

Krönungsmusiken heute

ARCHIV - 02.06.1953, Großbritannien, London: Nach ihrer Krönung verlässt Königin Elizabeth II. in der Staatskarosse die Westminister Abbey. Nur noch wenige Britinnen und Briten kennen ihr Land ohne jene Frau, die auf dem Thron sitzt. 70 Jahre ist es nun her, dass Elizabeth II. ihn bestieg. (zu dpa "Plötzlich Königin: Elizabeth II. seit 70 Jahren auf dem Thron") Foto: -/Press Association/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Bildquelle: dpa-Bildfunk/- Queen Elisabeth II. nach ihrer Krönung 1953. | Bildquelle: dpa-Bildfunk/- Im letzten Jahrhundert sind Monarchen und damit Krönungsmusik immer weniger geworden – aber noch gibt es sie. Etwa bei der Krönung von Elisabeth II. im Jahr 1953 in England. Bestand der musikalische Ablauf zwar zu einem großen Teil aus Krönungsmusiken der Vergangenheit wie etwa dem ersten Marsch aus Pomp and Circumstances von Edward Elgar, den sich bereits Eduard VII. zu seiner Krönung gewünscht hatte, so wurden auch Werke zeitgenössischer Komponisten eigens für die Krönungszeremonie in Auftrag gegeben. Ralph Vaughan Williams etwa komponierte eine neue Motette "O Taste and See" und William Walton ein Te Deum. Zudem schlossen sich zehn Komponisten nach dem Vorbild der Krönung Elisabeths I. zusammen, um der neuen Königin eine Sammlung an Vokalwerken zu überreichen: "A garland for the Queen". Eine Krönung bleibt schließlich eine Krönung und damit eines der wichtigsten Ereignisse eines Landes, wenn heute vielleicht auch nicht mehr unbedingt das wichtigste. Doch so unterschiedlich die Gegebenheiten heute und damals sein mögen, so haben Krönungsmusiken nichts an ihrem Glanz und ihrer Pracht verloren – und das mit oder ohne Krönung.

STREAM AUF BR-KLASSIK CONCERT

Krönungsmesse mit dem BR-Chor
Freitag, 20.05.2022 ab 20 Uhr
Live im Radio auf BR-KLASSIK
Video-Livestream auf
BR-KLASSIK Concert

Programm
Messe C-Dur, KV 317 – "Krönungsmesse"
Epistelsonate zur "Krönungsmesse", KV 329
"Alma Dei creatoris", KV 277
"Vesperae solennes de Dominica", KV 321

Sendung: "Allegro" am 19. Mai 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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