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Musik und Urheberrecht Wird KI zur Gefahr für Komponisten?

Darf Künstliche Intelligenz mit urheberrechtlich geschützten Werken trainiert werden? Diese Frage wird gerade ideell genauso wie gerichtlich verhandelt. In England protestierten kürzlich Komponistinnen und Komponisten vehement gegen eine Situation, die in der EU längst rechtens ist. Wie Musikschaffende und die GEMA in Deutschland damit umgehen.

Paragraphen auf Notenlinien | Bildquelle: BR/ Nadja Pfeiffer

Bildquelle: BR/ Nadja Pfeiffer

Nichts. Nur Stille war zu hören auf einem Album, das britische Popgrößen wie Elton John, Ed Sheeran oder Dua Lipa im Frühjahr 2025 veröffentlichten. Eine Protestaktion gegen ein geplantes Gesetz der britischen Regierung. Darin sollte festgelegt werden, dass Musikschaffende aktiv widersprechen müssten, falls sie nicht wollten, dass Künstliche Intelligenz mit ihren Werken trainiert wird. Über 1.000 Künstlerinnen und Künstler warnten in einem Offenen Brief davor, darunter Paul McCartney, aber auch Simon Rattle.

Dürfen KI-Tools in Deutschland mit urheberrechtlich geschützter Musik trainiert werden?

Was Musikschaffende in Großbritannien zu verhindern versuchten, ist in Deutschland bereits Realität. Urheberinnen und Urheber müssen aktiv widersprechen, wenn KI nicht mit ihren Werken trainiert werden soll. Die GEMA hat das für ihre Mitglieder getan und in den vergangenen neun Monaten zwei Klagen eingereicht, in denen offensichtlich KI-Tools mit GEMA-pflichtigen Werken trainiert wurden. Dass durch KI "Produkte hergestellt werden, die den menschlichen Produkten Konkurrenz machen, das kann man dann natürlich nicht mehr hinnehmen", so Kai Welp, Justiziar bei der GEMA. Es geht um viel Geld. Die GEMA rechnet damit, dass generative KI das Potenzial hat, ein Drittel der urheberechtlichen Erträge zu beseitigen.

KI-generierte Kunst und menschliches Handwerk

Für die Komponistin Isabel Mundry liegt unter all dem die Frage, ob KI-generierte Kunst dem Menschen quasi das Handwerk wegnehmen darf. Individuell gesehen ist sie da erst einmal entspannt: "Die ganze Musikgeschichte besteht daraus, dass man Dinge aufgreift und weiterentwickelt. Und ich habe davor auch keine Angst. Ich finde Klauen kann nur denjenigen gefährlich werden, die ihre eigene Musik labeln."

Komponistin Isabel Mundry. | Bildquelle: BR/Martina Pipprich Die Komponistin Isabel Mundry ist zuversichtlich: KI-Tools können den musikschaffenden Menschen nicht komplett ersetzen. | Bildquelle: BR/Martina Pipprich Damit meint Isabel Mundry einzelne starke Klangeffekte. Wenn so ein Effekt zu stark mit dem eigenen künstlerischen Schaffen verbunden sei, fühle man sich schnell betrogen, wenn ein anderer einen solchen Effekt ebenfalls benutzt. Ihr sei so etwas auch schon passiert. Doch wenn sie heute auf diese Stücke blicke, dann sind das die, die sie "rückwirkend eigentlich am blödesten" findet. "Denn die brauchen sich ab. Und alles, was für mich lebendig bleibt, das hat eigentlich mit Verstrickung zu tun, mit Vernetzung, mit Mehrdeutigkeit, mit Mehrzugänglichkeit."

Wenn KI also etwas von ihr nimmt und etwas anderes damit macht, ist das okay für Isabel Mundry. Doch wenn damit eine Ideologie verbunden werde, dass das Musikschaffen beschleunigt oder effizienter gemacht werde, "dann geht es in der Kunst ans Eingemachte."

Leon Zmelty fordert Pauschale für Komponisten

Leon Zmelty, ebenfalls Komponist, aber eine Generation jünger als Isabel Mundry, hat schon ganz praktische Erfahrung im Komponieren mit KI. Er komponierte ein Klavierkonzert mithilfe Künstlicher Intelligenz für ein Projekt der Münchner Philharmoniker. Dabei merkte er, wie viel menschliches Hirn es doch noch braucht, damit etwas Hör- und Spielbares herauskommt. Trotzdem fordert er eine Pauschale, mit der Komponierende vergütet werden, wenn eine mit seinen Werken trainierte KI für ein kommerzielles Projekt komponiere.

GEMA hat Lizenzmodell erarbeitet

Ein Ziel, das auch die GEMA anstrebt, wie Kai Welp erklärt. "Wir haben ein Lizenzmodell aufgestellt, bei dem wir jedem Dienst eine Lizenz verkaufen würden, um unser Repertoire zum Training zu nutzen. Das ist unser Ziel." Für den Komponisten Leon Zmelty ist klar, dass bei so einem Lizenzmodell letztlich nicht viel Geld für die einzelnen Komponisten herausspringt. Das heißt für ihn aber auch, "dass wir nicht zu große Hoffnungen darauf setzen sollen und unser Verhältnis zu KI und Musik neu denken müssen, ganz abgesehen vom Urheberrecht und der Vergütung."

Was macht Kunstfertigkeit zur Kunst?

Wie berührt so eine künstlich-kreative Maschine also die menschliche Seele? Was macht das mit der Kunst? Diese Fragen sind für die Komponisten Isabel Mundry und Leon Zmelty fast drängender als die Diskussion, woher die Maschine ihr Wissen bekommt. Dass man sich als Künstlerin oder Künstler aber durchaus selbstbewusst dazu positionieren kann, sehen beide ähnlich. Und laut Mundry fehlt der Maschine auch etwas ganz Wichtiges – etwas, das vielleicht die Kunstfertigkeit letztlich zur Kunst macht: "Was diese Maschine, die alle möglichen Konstellationen in einer Sekunde ausrechnet, nicht kennt, ist das Begehren."

Sendung: "Leporello" am 23. Mai 2025 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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