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Pianist und Dirigent Lars Vogt ist tot Feinfühlig, zugewandt, herzlich

Außergewöhnlicher Musiker, außergewöhnlicher Mensch: Der Pianist und Dirigent Lars Vogt hat den Kampf gegen den Krebs verloren. Er starb am 5. September mit nur 51 Jahren im Kreis seiner Familie.

Lars Vogt | Bildquelle: © Giorgia Bertazzi

Bildquelle: © Giorgia Bertazzi

"Was nützt es, wenn ich toll Klavier spielen kann, aber tot bin?" Mit Galgenhumor parierte der 1970 im nordrhein-westfälischen Düren geborene Pianist Lars Vogt im vergangenen Jahr des Öfteren, wenn er nach den Nebenwirkungen seiner Chemotherapie gefragt wurde. Die Finger-Sensibilität könne leiden, hatte man ihm von Seiten der Ärzte prognostiziert. Lars Vogt spielte weiter: Selbst im Krankenhaus zwischen den einzelnen Chemotherapie-Infusionen auf dem krankenhauseigenen Flügel. Und ließ seinen Mut nicht sinken.

Zweite Karriere als Dirigent

Anfang 2021 hatten seine Ärzte ihm die Diagnose Speiseröhrenkrebs eröffnet. Im März 2021 machte er seine Krankheit öffentlich und nahm den Kampf mit ihr auf. Noch im vergangenen Herbst hat Lars Vogt zwischen zwei Chemotherapien mit dem Orchestre de Chambre de Paris eine CD mit Mozarts Klavierkonzerten aufgenommen. Erst 2019 hatte er dieses Orchester als Chefdirigent übernommen und damit seiner pianistischen Karriere eine weitere Facette als Dirigent hinzugefügt.

Lars Vogt – Stationen in New York, München und Berlin

Begonnen hatte aber alles mit dem Klavierwettbewerb in Leeds im Jahr 1990: Gerade mal zwanzig Jahre alt, öffnet der 2. Preis Lars Vogt alle Türen. Von Orchestern in ganz Europa wird er eingeladen. Simon Rattle holt ihn zum City of Birmingham Symphony Orchestra und nimmt mit ihm 1992 erst Schumanns und Griegs Klavierkonzert auf, drei Jahre später dann auch die ersten beiden Beethoven-Klavierkonzerte. Im selben Jahr gastiert er auch erstmalig unter Alan Gilbert beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. In der Saison 2003/2004 folgt das Debut beim New York Philharmonic unter Lorin Maazel. Und die Berliner Philharmoniker machen ihn zum "Pianist in Residence".

Programmänderung: Lars Vogt in "Meine Musik"

In memoriam Lars Vogt ändern wir unser Programm und senden am Samstag (10.9.) die Wiederholung einer "Meine Musik"-Sendung mit dem Pianisten. Ab 11:05 Uhr auf BR-KLASSIK.

Lars Vogt | Bildquelle: Felix Broede Lars Vogt | Bildquelle: Felix Broede Daneben ist und bleibt aber die Kammermusik Lars Vogts große Leidenschaft. Hier kann er gleichberechtigt mit anderen musizieren, ohne solistisch hervorzustechen. Das passt zu seinem uneitlen Naturell. Vor allem das klassische und das romantische Repertoire liegen ihm dabei am Herzen, aber auch manch zeitgenössisches Werk. Im imposanten Kraftwerk von Heimbach in der Eifel etabliert er das Kammermusikfestival "Spannungen" – bald eines der renommiertesten Kammermusikfestivals in ganz Deutschland.

Dorthin lädt er ab 1998 alljährlich befreundete Musikerinnen und Musiker ein, um zwischen gigantischen Turbinen Kammermusik aufzuführen. Ebenso unkonventionell operiert auch das Netzwerk "Rhapsody in School", das Vogt mitgründet. Er und seine Mitstreiter*innen gehen in Schulen, um vor Schulklassen zu musizieren, die Schülerinnen und Schüler mit klassischer Musik bekanntzumachen und deren Fragen zu beantworten. Um den professionellen Nachwuchs kümmert sich Lars Vogt ab 2012 an der Hochschule für Musik und Theater Hannover. Dort übernimmt er nach dem Tod seines einstigen Lehrers Karl-Heinz Kämmerling die frei gewordene Professur.

Lars Vogt wird fehlen

In Lars Vogts Spiel gab es nichts Exaltiertes oder Manieriertes. Er ließ die Musik einfach fließen und sprechen. Mehr noch: Er war ihr Werkzeug und ging regelrecht auf in ihr – vor allem, wenn er die Musik mit anderen zum Blühen bringen konnte.

Mit ihm verliert die Welt nicht nur einen feinfühligen und extrem vielseitigen Musiker, sondern auch einen außergewöhnlich zugewandten, offenen und herzlichen Menschen. Lars Vogt brachte Menschen zusammen und begeisterte sie auf eine Art, wie sie nur wenigen gegeben ist. Er wird fehlen.

"Selten hat mich ein Musiker so bewegt" – Reaktionen zum Tod von Lars Vogt

Die Bestürzung ist riesig in der Musikwelt: Mit Lars Vogt stirbt nicht nur ein großartiger Musiker, sondern auch ein außergewöhnlich zugewandter, herzlicher Mensch. Lesen Sie hier unseren Überblick zu den Reaktionen im Netz.

Sendung: "Allegro" am 6. September ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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