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Ein Jahr Krieg in der Ukraine Lisa Batiashvili zeigt ihre Solidarität

Seit einem Jahr herrscht Krieg in der Ukraine. Um ihre Solidarität zu zeigen, gibt die georgische Geigerin Lisa Batiashvili auf dem Münchner Odeonsplatz ein kleines spontanes Konzert. Das Stück hatte sie in Auftrag gegeben, um die Ukraine zu unterstützen, und es 2015 auf dem Maidan-Platz in Kiew gespielt.

Die georgische Geigerin Lisa Batiashvili spielt für die Ukraine auf dem Münchner Odeonsplatz am 24. Februar 2023. | Bildquelle: Rita Argauer

Bildquelle: Rita Argauer

Es ist zwölf Uhr mittags auf dem Münchner Odeonsplatz. Die Glocken der Theatinerkirche schlagen. Reisegruppen und vereinzelte Touristinnen und Touristen stehen auf dem Platz. Das Wetter kann sich nicht recht entscheiden, ob es jetzt noch ein milder Frühlingstag ist oder schon wieder kalt wird. Es weist nichts darauf hin, dass sich heute der Angriff Russlands auf die Ukraine zum ersten Mal jährt. Doch dann taucht eine Frau auf im hellblauen Mantel mit Geigenkoffer in der Hand. Am Revers trägt sie einen Button, die ukrainischen Farben, gelb und blau in Herzform. Es ist die georgische Geigerin Lisa Batiashvili.

Im Sommer hatte sie das Album "Secret Love Letters" veröffentlicht. Heute kommt sie, begleitet von ihrem Ehemann, dem Oboisten François Leleux, auf den Odeonsplatz. Leleux läuft auf eine der beiden Säulen vor der Feldherrnhalle zu, befestigt dort eine ukrainische Flagge. "Die Fahne ist schon ein bisschen müde geworden", sagt Batiashvili. Etwas ausgeblichen sind die Farben tatsächlich, als ob die Flagge viel im Einsatz gewesen wäre im vergangenen Jahr.

Die georgische Geigerin Lisa Batiashvili spielt für die Ukraine auf dem Münchner Odeonsplatz am 24. Februar 2023. | Bildquelle: Gaby Weber

Bildquelle: Gaby Weber

Lisa Batiashvili spielt auf dem Odeonsplatz für die Ukraine

Schon lange eine scharfe Kritikerin Putins: Lisa Batiashvili

Batiashvili möchte hier auch an diesem Mittag ein Zeichen setzen und an das große Leid, das durch den Krieg über die Menschen gekommen ist, erinnern. "Unsere Solidarität muss einfach bedingungslos sein", sagt sie, es gehe hier auch um die Sicherheit und Zukunft Europas. "Es ist wichtig, dass die Ukraine da heil wieder rauskommt, wiederaufgebaut wird und ein freies demokratisches Land bleibt." Europa habe da viel zu lange zugeschaut, schon 2008 in Georgien, Batiashvilis Heimat, und dann 2014 mit der Annektion der Krim. Batiashvili ist eine scharfe Kritikerin Putins und engagierte und involvierte sich schon damals. So spielte sie 2015 auf dem Maidan-Platz in Kiew das "Requiem – Dedication to Freedom" des ukrainischen Komponisten Igor Loboda. Batiashvili hat dieses Werk 2014 in Auftrag gegeben, ein sehr "symbolisches Werk" wie sie es ausdrückt, das sie nun einfach überall hin mitnehme. Nun will sie es auch in München wieder spielen. Um zu erinnern. Das sei eine ganz spontane Sache gewesen, sie habe das nicht angekündigt. Um sich solidarisch zu zeigen. "Musik ist meine Sprache, mein Ausdrucksmittel", sagt sie, "und mit der Musik kann man die Solidarität auch gut ausdrücken."

Das Stück für die Ukraine ist schnell vorbei. Der Eindruck bleibt

Die georgische Geigerin Lisa Batiashvili spielt für die Ukraine auf dem Münchner Odeonsplatz am 24. Februar 2023. | Bildquelle: Rita Argauer Gerade auf dem Odeonsplatz angekommen: Lisa Batiashvili (rechts) und ihre Assistentin. | Bildquelle: Rita Argauer Also stellt sie sich an die Säule, neben die Flagge. Sie zieht ihren Mantel aus, ihre Handschuhe, ihre Pulswärmer. Und sie spielt. Es ist ein kurzes Stück, nur ein paar Minuten. Es beginnt langsam, tragisch und gräbt sich dann immer weiter in ein Allegro. Harsch, beinahe wütend. Präsent. Die Menschen bleiben stehen, haben sowieso ihr Handy in der Hand, filmen. "Traurig und schön", antwortet eine junge Frau auf die Frage, wie sie diese Musik an diesem Tag empfinde. "Traurig", so auch der Eindruck eines weiteren spontanen Zuhörers. Das Stück ist schnell vorbei, die Zuschauenden ziehen weiter, der Eindruck bleibt.

Ich denke an alle Menschen die da umsonst gestorben sind, in diesem völlig sinnlosen und brutalen Krieg. Und alle, die Angehörige verloren haben oder ihre Häuser.
Lisa Batiashvili

Aber natürlich ist so eine Aktion im digitalen Zeitalter auch nie nur für den Ort, an dem sie stattfindet gedacht. Lisa Batiashvili hat ihre Assistentin dabei. Sie filmt mit dem Handy, die spontane musikalische Solidaritätsbekundung wird in die Welt strahlen. "Es ist schon ein ganz anderes Gefühl als auf der Bühne", sagt Batiashvili nachdem sie gespielt hat. Doch diese Musik bedeute ihr eben auch sehr viel. Sie spielt dieses Stück seit 2014, über viele Jahre, in denen die Ukraine schon sehr gelitten habe. "Dass es jetzt heute noch aktueller denn je ist, ist sehr schmerzhaft", sagt Lisa Batiashvili, "ich denke an alle Menschen die da umsonst gestorben sind, in diesem völlig sinnlosen und brutalen Krieg und alle, die Angehörige verloren haben oder ihre Häuser."

Sendung: "Leporello" am 24. Februar 2023 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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