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Filmtipp - "Living Bach" Ein Komponist und seine Fans

Mehr als 300 Bach-Chöre gibt es auf der Welt. Filmemacherin Anna Schmidt trifft ihre Mitglieder auf sechs Kontinenten und begleitet sie zum weltweit größten Treffen der Bach-Familie: dem Leipziger Bachfest. Eine berührende Doku über die verbindende Kraft der Musik.

"Im Leben ist es unvermeidbar, dass man Sorgen hat oder bedrückt ist. Wenn ich in solchen Momenten Bachs Musik höre, beruhigt sich mein aufgeregtes Gemüt", erzählt die Apothekerin Kazuko Navata. Sie lebt im Südwesten der japanischen Hauptinsel Honshu. Bachs Musik spendet ihr Trost. Fast 5000 Kilometer entfernt von ihr betreibt Lee Hai Lin im quirligen Kuala Lumpur ein Caféhaus. Sie musste ihr Dorf verlassen und in die Hauptstadt Malaysias ziehen. Dort fühlt sie sich einsam und unglücklich. Auch ihr gibt Bach innere Stärke.

Für Bach riskiert Lee Hai Lin ihre Freiheit

Zwei Frauen, zwei unterschiedliche Lebensgeschichten. Sie eint die Begeisterung und Hingabe für den Barockkomponisten. Doch nicht nur passiv. Lee Hai Lin riskiert sogar ihre Freiheit. Malaysia ist muslimisch geprägt. Wenn man christliche Musik öffentlich spielt so wie sie, kann man dafür ins Gefängnis kommen. Dieses Risiko besteht nicht für Sosen Fukano. Er ist buddhistischer Mönch und Oberpriester. In seinem Zen-Tempel schlägt er zunächst den Gong an, danach die Partitur seiner Lieblingspassion auf. Auf seinem Handy lädt er sich die Musik herunter und stimmt kraftvoll ein in das Bass-Solo Mache dich, mein Herze, rein. "Bach ist verdammt schwer", meint er lachend.

Ich wollte wissen, was die Leute in allen Erdteilen an Bach fasziniert.
Filmemacherin Anna Schmidt

Filmemacherin Anna Schmidt | Bildquelle: privat Anna Schmidt hat für ihre Doku "Living Bach" Ensembles auf der ganzen Welt getroffen. | Bildquelle: privat Anna Schmidts Film zeigt, dass es keine Rolle spielt, ob man religiös ist oder nicht, ob man die Texte versteht. Man erlebt, wie zeitgemäß und lebendig Bachs Musik rezipiert wird und dass seine Werke universal sind. Den Anstoß zu dieser Dokumentation hab der Intendant des Leipziger Bachfestes Michael Maul. Beim Festival 2020 wollte er die internationale Bachfamilie in Leipzig vereinen und zu einem "We are family"-Chor formieren. Dazu schrieb er alle Ensembles weltweit an. 55 sagten schließlich zu und mit ihnen war Anna Schmidt in Kontakt. "Ich habe schon ganz speziell nach Menschen gesucht, für die Bach eine lebensverändernde Wirkung hatte. Ich wollte wissen, was das ist, was die Leute in allen Erdteilen an Bach fasziniert."

Zweistündige Doku mit visueller Kraft

Am Ende des knapp zweistündigen Films werden sich die sieben Protagonistinnen und Protagonisten in Leipzig beim Bachfest begegnen. Bis dahin lernt man sie einzeln kennen. Es sind berührende und erhellende Geschichten, die von Kameramann Axel Schneppert mit visueller Kraft eingefangen wurden. Der Film wertet nicht, sondern lässt die Worte und Bilder unkommentiert für sich sprechen. Das meiste wirkt spontan.

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LIVING BACH | Offizieller Trailer Deutsch HD | Ab 30. November im Kino

Wenn Menschen wie Bach die Welt regieren würden, gäbe es keine Unterscheidung zwischen Weiß und Schwarz.
Thabang Modise

Szene aus dem Film "Living Bach" | Bildquelle: schmidtfilm / Weltkino "We are family". Bach-Chöre aus aller Welt treffen sich beim Leipziger Bachfest. Mit dabei: Thabang Modise aus Südafrika. | Bildquelle: schmidtfilm / Weltkino Der Film zeigt, dass Bachs Musik auf der ganzen Welt verstanden und geliebt wird. Selbst im Australien Outback singt ein Chor von Ureinwohnerinnen Bach. Seine Musik brachten deutsche Missionare vor 140 Jahren dorthin. Aber sie hätten sie nie ihrer Sprache und Traditionen beraubt, so wie in anderen Teilen Australiens, meint Bianca aus dem Chor. Und sie ist sich sicher: Sie führten die verschiedenen Gemeinschaften zusammen. Dadurch wurden Spannungen gemindert. Ähnlich sieht es auch der IT-Techniker Thabang Modise. Er singt im Johannesburg Bach Choir und entschärft das Argument der kulturellen Aufdrängung durch Bach. "Auch wenn Bach Weiß war und aus Deutschland stammte, steht er nicht für das, was die Weißen den Schwarzen angetan haben," ist Modise überzeugt. Bach repräsentiere etwas völlig anderes. "Wenn Menschen wie Bach die Welt regieren würden, gäbe es keine Unterscheidung zwischen Weiß und Schwarz. Wir würden uns einfach als menschliche Wesen wahrnehmen."

Sendung: "Allegro" am 30. November 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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