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Sanierungsfall Domorgel Passau Kann man Schimmel hören?

Es ist das Problem, das viele Organisten kennen: Schimmel am und im Instrument. Erwischt hat es auch die größte Domorgel der Welt: die Orgel im Passauer Dom St. Stephan. Sie muss komplett saniert werden, ein Millionenprojekt steht bevor. Doch sie soll während dieser Zeit weiter gespielt werden.

Orgel Dom St. Stephan Passau | Bildquelle: Wolfgang-Christian Bayer

Bildquelle: Wolfgang-Christian Bayer

Die Sommer sind nicht mehr so trocken wie früher, die Winter auch nicht. Hinzu kommt, dass Kirchen heute, im Gegensatz zu früher, beheizt werden. Das begünstigt den Schimmelbefall der Orgeln in den Gotteshäusern. Und auch vor der mächtigen Orgel im Passauer Dom hat der Schimmel nicht Halt gemacht, wie Domorganist Ludwig Ruckdeschel bestätigt: "Wir hatten schon Schimmel an den Außengehäusen. So, dass man sich die Frage gestellt hat, inwieweit wir hier oben noch musizieren und singen können, ob es nicht die Gesundheit belastet." Nach Messungen konnte aber Entwarnung gegeben werden: Der Schimmelbefall ist nicht gesundheitsgefährdend. Außerdem wurden auch Sofortmaßnahme eingeleitet, indem man den Schimmel an den zugänglichen Stellen abgesaugt hat. Ist die die Renovierungsbedürftigkeit zu hören? "Natürlich nutzen wir die Orgel, registrieren und spielen sie so, dass es eine Freude ist zuzuhören", so der Domorganist.

Wir umschiffen die Schwächen im Augenblick und spielen die Orgel so, dass es eine Freude ist zuzuhören.
Passauer Domorganist Ludwig Ruckdeschel

Schimmel nicht das einzige Problem

Schwächen gibt es gleich mehrere an der Orgel in St. Stephan, wie beispielsweise die Statik: Orgelgehäuse stehen schief, Pfeifen sind verzogen. Und in den Pfeifen geht es weiter – sie müssen von Schmutz, Staub und eben auch Schimmel befreit werden. Auch die komplette Technik muss überarbeitet werden, denn die letzte große Instandsetzung liegt fast 40 Jahre zurück. Organist Ludwig Ruckdeschel hat in den vergangenen Jahren gelernt, mit den Problemen umzugehen. Am Spieltisch der Orgel hat er auf etliche Register kleine gelbe Etiketten geklebt, die bedeuten: Diese Register sind stillgelegt und derzeit gar nicht mehr spielbar.

Im Passauer Dom gibt es fünf Teilorgeln – und das macht es für einen Organisten immer wieder spannend: So findet der Spieler auch Alternativen, die gut zum jeweiligen Stück passen, sollte ein Teil der Orgel mal ausfallen oder nicht spielbar sein.

Das ist das Spannende an der Orgel – dass es mal so und mal so ist ... Das ist für einen Organisten ein Abenteuer.
Passauer Domorganist Ludwig Ruckdeschel

Fakten zur Passauer Domorgel in St. Stephan

  • 17974 Pfeifen
  •  Die größte Pfeife misst zehn Meter, die kleinste kaum mehr als einen halben Zentimeter.
  • 233 Register (208 bei der Erbauung)
  • 5 unterschiedliche Teilorgeln
  • 1928 erbaut, damals größte Orgel der Welt
  • Bis heute größte Domorgel der Welt (die größte spielbare Orgel steht derzeit in einem Warenhaus in Philadelphia)
  • 1978 bis 1981 technisch und klanglich von der Firma Eisenbarth umgestaltet
  • ab 2020 umfassende Sanierung und Renovierung

Vision für die "Stimme Bayerns"

Kommendes Jahr soll die Sanierung beginnen und insgesamt fünf Jahre dauern. Kostenpunkt: sechseinhalb Millionen Euro. Als erstes wird die kleine Orgel hergerichtet, die über dem Altar sitzt. Die Orgelbauer werden dann eine Orgel nach der anderen abbauen, zerlegen und wieder einbauen. Während dieser Arbeiten soll die Orgel aber immer gespielt werden.

Passaus Domorganist Ludwig Ruckdeschel bereitet die große Sanierung seit Jahren mit vor und freut sich, dass dieses Projekt endlich angepackt wird. Für das weltbedeutende Instrument, das in den 20er-Jahren auch die "Stimme Bayerns" genannt wurde, hat er eine Vision: Nach der Sanierung soll die Passauer Domorgel wieder ihre Klangpracht entfalten, die sie bei ihrer Einweihung 1928 hatte.

Sendung: "Allegro" am 24. Oktober 2019 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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