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Primadonnen an der Oper Wieviel Diva steckt in den großen Sängerinnen?

Ihre Spitzentöne bringen das Publikum zum Toben, ihre Erscheinung ist glamourös. Doch so sehr die Primadonna auf der Bühne bejubelt wird: Abseits davon hat sie oft den Ruf einer exzentrischen Diva. Zu Recht? Die beiden Sopranistinnen Camille Schnoor und Judith Spießer haben dazu eine klare Meinung. Am 13. März 2021 treten sie in München als "Primadonnen – Die Diven vom Gärtnerplatz" auf.

Maria Callas in "La Traviata" | Bildquelle: Wikipedia

Bildquelle: Wikipedia

Als die australische Sopranistin Nellie Melba am Manhattan Opera House in "La Traviata" auf der Bühne stand, wurde sie hinter den Kulissen von zwei Detektiven bewacht – auf Anweisung des Theaterproduzenten Oscar Hammerstein persönlich. Der Grund: Die Primadonna hatte darauf bestanden während der Vorstellung ihren echten (und sehr teuren) Schmuck zu tragen. Und der sollte während der Aufführung natürlich nicht gestohlen werden. Die Opernsängerin strahlte so viel Glamour aus, dass später eine Süßspeise nach ihr benannt wurde: "Pfirsich Melba", Pfirsich mit Vanilleeis und Himbeermark. War die Primadonna also eine Diva?

Die schönsten Arien, die aufwendigsten Kleider

Die australische Sopranistin Nellie Melba im Jahr 1904. | Bildquelle: picture-alliance / Mary Evans Picture Library Die australische Sopranistin Nellie Melba: eine glamouröse Primadonna. | Bildquelle: picture-alliance / Mary Evans Picture Library "Das verwechselt man gern", klärt die Sopranistin Judith Spießer auf. Denn wenn wir heute eine Sängerin als "Primadonna" bezeichnen, setzen wir den Begriff oft mit "Diva" gleich. Doch als "Primadonna" wurde ursprünglich einfach die erste Sängerin am Opernhaus bezeichnet. Sie sang die weiblichen Hauptrollen, bekam die schönsten Arien komponiert, trug oft die aufwendigsten Kostüme. "Aber eine Primadonna ist nicht automatisch eine Zicke oder eine, die sich rar macht und schwierig im Umgang ist", so Judith Spießer. Vielmehr habe sich die Primadonna ihren Ruf erarbeitet – durch ihr Talent auf der Bühne und ihre makellose Technik.

Maria Callas, die Operndiva

Dass einige Primadonnen ihre Sonderrolle an der Oper auch im Privatleben ausspielten und sich divenhaft gaben, ist nicht verwunderlich. Judith Spießer denkt dabei sogleich an die Jahrhundert-Sopranistin Maria Callas. Eine "göttliche" Stimme, auffälliges Make-up, eine tragische Lebensgeschichte – Maria Callas galt als "Diva" schlechthin. Die Presse trug maßgeblich dazu bei. "Ich glaube, dass der Mythos der Diva sehr viel von außen geschaffen wurde", ist sich Judith Spießers Kollegin Camille Schnoor sicher.

BR-KLASSIK Dossier

Zum 100. Geburtstag von Maria Callas feiert BR-KLASSIK die Diva mit einem umfangreichen Online-Dossier. Darin erinnern wir mit Videos, Hintergrundinfos und Anekdoten an das Leben der Jahrhundertsängerin.

Von der Presse wurde Maria Callas auch gern als "die Tigerin" bezeichnet. Der Spitzname geht auf einen Vorfall in der Oper zurück. So soll sie den Überbringer einer gerichtlichen Vorladung zähnefletschend aus ihrer Garderobe vertrieben haben. Diese Episode untermauerte das Temperament, das man ihr nachsagte.

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Maria Callas sings "Casta Diva" (Bellini: Norma, Act 1) | Bildquelle: Warner Classics (via YouTube)

Maria Callas sings "Casta Diva" (Bellini: Norma, Act 1)

Auftritt ohne Schuhe

Der Sopranistin Adelina Patti wurde ebenfalls nachgesagt, extravagant gewesen zu sein. Als die Sängerin in einer "La Traviata"-Vorstellung in Boston singen sollte, ging sie im Kostüm, aber ohne Schuhe auf die Bühne – aus Protest, weil sie nicht ihre volle Gage bekommen sollte. Erst als sie den Rest ausgezahlt bekam, zog sie auch die Schuhe an. Divenhafte Capricen oder einfach das selbstbewusste Auftreten einer Künstlerin, die auf Ihrem Recht bestand?

Natürlich braucht man ein gesundes Ego für den Beruf. Aber man muss auch Teamplayer sein.
Judith Spießer, Sopranistin

Große Konkurrenz

Heutzutage könne man es jedenfalls nicht mehr leisten, als Sopranistin divenhaft aufzutreten, sagt Judith Spießer. Dazu sei die Konkurrenz zu groß. "Natürlich braucht man ein gesundes Ego für den Beruf. Sonst wären wir nicht da, wo wir stehen. Aber man muss auch Teamplayer sein und Kompromisse eingehen können." Gegenseitiges Anzicken und kindisches Verhalten hilft nicht im Probenbetrieb. Ein ausgeglichenes Leben ist den Sopranistinnen Judith Spießer und Camille Schnoor, die beide Kinder haben, sehr wichtig.

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Adelina Patti ~ Ah Non Credea Mirarti ~ ( La Sonnambula ) | Bildquelle: Zack216216 (via YouTube)

Adelina Patti ~ Ah Non Credea Mirarti ~ ( La Sonnambula )

Diven sind nicht nur weiblich

Und überhaupt: Wer sagt denn, das nur die Primadonna eine Diva sein kann? "Regisseure und Dirigenten, die keine Vorschläge oder Kritik annehmen können, sind manchmal die größeren Diven", lacht Camille Schnoor.

"Primadonnen – Die Diven vom Gärtnerplatz"

Konzertabend mit vier Sopranistinnen des Gärtnerplatztheaters München
Video-Livesteam der Premiere am Samstag, 13. März 2021, 19:00 Uhr - 20:30 Uhr
Mit Mária Celeng, Jennifer O'Loughlin, Camille Schnoor, Judith Spießer und dem Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz.
Weitere Informationen

Sendung: "Allegro" am 11. März 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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