Die Bayerische Staatsregierung sprach dieses Jahr ein Verbot der Gendersprache in Schulen, Hochschulen und Behörden aus. Da kommt die Berufung von Susanne Rode-Breymann zur neuen Spitzenprofessorin der Nürnberger Musikhochschule eher überraschend. Sie ist eine der wichtigsten Persönlichkeiten der musikspezifischen Genderforschung. Und hat große Pläne zu den Themen Gender und Diversity in Franken.
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BR-KLASSIK: Sie sind jetzt Spitzenprofessorin an der Hochschule für Musik in Nürnberg. Was genau ist eine Spitzenprofessorin?
Rode-Breymann: Eine Spitzenprofessoren ist eine, die neue Wege beschreiten soll. Was heißt es, wenn man sich mit Musikgeschichte beschäftigt? Wir sind alle mit großartiger Musik aufgewachsen – von bestimmten Komponisten. Wenn man denkt, da würde die Welt enden, dann hat man etwas falsch gemacht. Die Räume zu öffnen, hin zu anderen Ländern, anderen Geschlechtern, anderen Kulturen: das ermöglicht diese Spitzenprofessur. Es geht darum, Zeit zu haben für kreative Arbeit mit den Studierenden.
BR-KLASSIK: In Hannover haben Sie das "Forschungszentrum für Musik und Gender" gegründet. In der Mitteilung zu Ihrer Berufung auf der Seite des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst kommt weder das Forschungszentrum fmg, noch das Wort Gender vor. Wie ist es für Sie, gerade in Bayern anzutreten, wo es ja das Genderverbot gibt?
Rode-Breymann: Das gehört zu diesem Experimentierraum. Und die Hochschule Nürnberg hat genau das ja gewollt. Also sie wollten einen Aufbruch in Richtung Gender und Diversity. Ich habe das durch die Gründung dieses Instituts, das einmalig ist für deutsche Musikhochschulen, zu meinem Kerngebiet gemacht. Ich bringe hohe Expertise darin mit. Und das werde ich auch hier in Nürnberg in meiner Forschungsarbeit sehr stark ins Zentrum rücken.
Und was diese Pressemitteilung angeht: Da wird auch drum herum gemogelt. Ein Pressemitarbeiter beim Ministerium sagte beispielsweise, es gäbe gar kein striktes Gendersternchen-Verbot. Jeder habe da seine Freiheiten.
Riesiger Gewinn für die Studierenden und inspirierender Schub für Deutschlands jüngste Musikhochschule.
BR-KLASSIK: Werden Sie gendern?
Rode-Breymann: Ja. Ich kann das den Studierenden nicht vorschreiben. Ich selbst kann das aber gar nicht mehr anders. Ich will das auch nicht mehr anders. Die Diskussion ist jedoch so aufgeheizt, dass man häufig schon Ablehnung erfährt, bevor man inhaltlich gesprochen hat. Da ist es manchmal so, dass ich darüber nachdenke, wie genau ich vorgehe. Denn bevor ich die Leute verschrecke, möchte ich sie erst einmal inhaltlich abholen. Schauen wir mal.
BR-KLASSIK: Gibt es schon ein ganz konkretes Beispiel, was Sie sich für Nürnberg vorgenommen haben?
Rode-Breymann: Es gibt ein ganz schönes Beispiel: Wir werden ein Moratorium ausrufen und ein Semester lang keine Lieder von den großen, altbekannten Komponisten singen, sondern nur Lieder von Komponistinnen. Und zwar die besten. So werden wir Neuland betreten. Ein weiteres Interesse im Rahmen der Spitzenprofessur ist es, wie man Programme neu erzählen und verknüpfen kann. Also Themen wie Nachhaltigkeit oder Natur, Krieg und Frieden. Wie lassen sich diese gesellschaftlichen Themen künstlerisch einbinden und künstlerisch neu ausrichten? Ich freue mich sehr auf die nächsten fünf Jahre und meine Zeit in Nürnberg.
Sendung: "Allegro" am 14. August 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (5)
Mittwoch, 21.August, 08:23 Uhr
Fürstenberg
Minderheiten-Lehrstuhl
Im Zeitalter knapper Mittel kann ich mich den Vorrednern nur anschließen, dass ein Lehrstuhl Fördermittel erfordert. Wenn man für so einen unbedeutenden Lehrstuhl Finanzmittel ausgibt, der eine absolute Minderheit bedient, dann ist dies zugleich eine gedankliche Abkehr der Musik. Unsere Ohren sollen die Musik hören, man soll sie erfühlen, die Musikwissenschaftler die Musik analysieren, aber hier versucht man affektiert einen Genderkampf hoch zu züchten und gedanklich bei den Menschen verankern zu wollen. Die Musik gerät dabei zur Nebensache.
All dies hinterlässt äußerte Zweifel an all jenen, die einen solchen Lehrstuhl in die Wege geleitet haben. Private Sponsoren sollten überdenken, diese Hochschule noch zu unterstützen.
Sonntag, 18.August, 10:02 Uhr
SchwertAs
Lehrstuhl für musikspezifische Genderforschung
Derartige Lehrstühle nehmen der evidenzbasierten Wissenschaft die Mittel weg, die dort meiner Meinung nach viel dringender gebraucht würden, weg.
Samstag, 17.August, 20:17 Uhr
Dr. Dietrich Spitzner
Rode-Breymann
Gendern ist ein aggressiver Herrschaftsanspruch. Ich glaube nicht, daß es der Musik gut tut, sie Genderkriterien unterzuordnen. Jedenfalls würde ich einem Gender-Konzert fernbleiben.
Samstag, 17.August, 14:22 Uhr
Barboncino
Gender und Diversity
Spitzenprofessur- welch eigentümliche neue Wortschöpfung !Ob sie jedoch dazu angetan ist, die etwas derangierte deutsche Musikkultur wieder ganz nach oben zu bringen,darf wohl bezweifelt werden.Aber wenn schon ein Pressemitarbeiter des Ministeriums jedem seine Freiheiten zugesteht (!), dann wird ja alles gut gehen im " genderfreien "(?) Freistaat Bayern.
Samstag, 17.August, 13:38 Uhr
Trappe
Armes Deutschland
Dafür wird ernsthaft Geld ausgegeben? Absurd.