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Für Soundtrack zu "Im Westen nichts Neues" Volker Bertelmann gewinnt Oscar

Einmal war er schon nominiert. Beim zweiten Mal hat es jetzt mit dem Oscar geklappt. In der Nacht zum Montag wurde Volker Bertelmann alias Hauschka für seinen Soundtrack zum Kriegsdrama "Im Westen nichts Neues" ausgezeichnet. Bertelmann hat damit sogar den Filmmusik-Großmeister John Williams ausgestochen.

Volker Bertelmann | Bildquelle: picture alliance / Photoshot | -

Bildquelle: picture alliance / Photoshot | -

"Im Westen nichts Neues" ist ein harter Film, ein Film, der das Kriegsgeschehen schonungslos und brutal darstellt. Der Academy hat das offensichtlich gefallen. Vier Mal wurde das Kriegsdrama in der Nacht zum Montag mit einem Oscar ausgezeichnet. Neben dem Filmmusik-Oscar auch noch mit den Preisen für den besten internationalen Film, die beste Kamera und das beste Szenenbild. In der letzten Kategorie darf sich übrigens sogar eine Bayerin über die Auszeichnung freuen: die Szenenbildnerin Ernestine Hipper. Für Volker Bertelmann hat es im zweiten Anlauf geklappt. 2016 wurde er bereits für seine Mitarbeit an der Filmmusik zu "Lion – Der lange Weg nach Hause" für einen Oscar nominiert. Damals musste er sich noch dem Kollegen Justin Hurwitz ("La La Land") geschlagen geben. Jetzt steht der Goldjunge auch bei ihm in Düsseldorf im Regal.

Drei Töne für den Schrecken des Krieges 

Den Grundstein, besser -ton, zu seinem Score legt beziehungsweise setzt ein Harmonium. Es gehörte seiner Urgroßmutter – und es wurde ihm nahegelegt, dass er doch der einzige in der Familie sei, der damit etwas anfangen könne: So landete es bei ihm in Düsseldorf. Früher wurde es für Hausmusik benutzt, zum Beispiel zu Weihnachten, wenn gemeinsam gesungen wurde. Denn in seiner Familie, erzählt er, da habe man auch mal einen Bachchoral angestimmt.

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Es ist ein überraschender Moment, wenn dieses ganz bestimmte, einprägsame und düstere, dreitönige Motiv zum ersten Mal in Bertelmanns Soundtrack zum Film "Im Westen nichts Neues" zu hören ist. Es klingt wie aus einem Synthesizer, leicht vibrierend, maschinell. Es reichen diese drei Töne, um das Unmenschliche der Kriegsmaschinerie auszudrücken. Der beeindruckende Effekt verstärkt sich noch durch knarzende, rhythmische Geräusche im Hintergrund – wie das Atmen durch eine Gasmaske. Kaum zu glauben: Was man hier hört, ist das gute alte Harmonium der Urgroßmutter, verfremdet durch einen Gitarrenverstärker.

Volker Bertelmann – der Klangforscher 

Volker Bertelmann hat sich insgesamt viel Mühe bei der Gestaltung der Klangwelt für seinen Score zu "Im Westen nichts Neues" gegeben. Trommeln: gehören irgendwie in einen Kriegsfilm, ja, aber bloß nicht der Klischee-Trommelwirbel zum Appell oder ein banaler Marschrhythmus. Einzelne peitschende Töne durchbrechen arhythmisch eine Rekrutierungs-Zerenomie wie Gewehrschüsse. Als lauerte den euphorisch in den Krieg ziehenden jungen Freunden hinter den Bildern auf der Leinwand schon der Tod auf. Lange hat Bertelmann nach dem richtigen Trommelklang gesucht, hat schließlich mit metallischen Gegenständen auf einer großen Basstrommel den richtigen Sound gefunden – die richtige Kombination von Schärfe im Klang und "genug Power unten drunter, eben nicht so wie viele andere Trommelsounds, die klingen wie ein Holzklotz, der von der Fensterbank fällt." 

Behutsame Klänge für die Träume junger Menschen

Szene aus "Im Westen nichts Neues" | Bildquelle: Reiner Bajo /© Netflix /Courtesy Everett Collection "Im Westen nichts Neues" ist seit dem 28. Oktober 2022 im Streaming-Angebot von Netflix abrufbar. | Bildquelle: Reiner Bajo /© Netflix /Courtesy Everett Collection Aber es sind nicht nur die kreativen, überraschenden Effekte, die sich bemerkenswert schlüssig in die Dramaturgie des Films fügen, die den Soundrack zu "Im Westen nichts Neues" auszeichnen. Es ist auch die poetische Klanglandschaft, mit der Volker Bertelmann die Momente unterlegt, in den der Film von der Freundschaft und den Träumen junger Männer erzählt, deren Leben so brutal einer Zukunft beraubt wird. Fragmentarisch und fein webt er ausgehend von den gleichen drei Tönen, die auch das brachiale Harmonium-Motiv bilden, einen zarten Vorhang aus Streicherklängen, der über das Leinwandgeschehen weht. Er habe diesen Momenten etwas Behutsames, Schüchternes geben wollen, sagt Volker Bertelmann, "damit man das Gefühl hat, irgendwo unter dem ganzen Wahnsinn ist immer noch der Mensch." 

Sendung: "Allegro" am 13. März 2023 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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