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Kritik Bayreuth Baroque Rolando Villazón überzeugt als Orfeo

Maskulin und zart zugleich - so singt Rolando Villazón den Orfeo. Klassikfans kennen Villazón inzwischen eher als Regisseur. In Bayreuth überzeugt er nun in der Titelrolle in einer Neuinterpretation von Monteverdis L'Orfeo.

Rolando Villazón als Orpheus  | Bildquelle: Clemens Manser

Bildquelle: Clemens Manser

Natürlich nicht auf dem Grünen Hügel, wo die Richard-Wagner-Festspiele seit zwei Wochen vorüber sind, sondern im Markgräflichen Opernhaus hat der Intendant der Salzburger Mozartwoche gesungen: beim Bayreuth Baroque Festival.

Der Startenor war also nicht am Regiepult, wie zuletzt immer öfter, sondern wieder auf der Bühne wie früher als Tenor. Rolando Villazón verwandelt sich diesmal in Orfeo, die bekannteste Bühnenfigur Claudio Monteverdis. In Bayreuth wird eine Koproduktion mit dem Megaron Athen gezeigt, hierzulande unbekannte Leute. Das Leitungsteam bilden Regisseur Thanos Papakonstantínou und Dirigent Markellos Chrýssikos.

Hochexpressiver Gesang

Monteverdi hat Villazón immer schon ähnlich fasziniert wie Giuseppe Verdi. Ein paar Wochen nach seinem Triumph als Alfredo in der Salzburger „Traviata“ vor 18 Jahren spazierte Rolando Villazón in ein Pariser Aufnahmestudio, um im „Combattimento“ des Divino Claudio zu singen. Heute ist die inzwischen rundum baritonal wirkende Stimme Villazóns nicht mehr mit der einstigen Frische zu erleben - hochexpressive Momente gestaltet der Mexikaner aber immer noch reichlich. Bei seinem Bayreuther Orfeo dominieren maskuline Farben, doch beizeiten dynamisch gedrosselter Vortrag trifft auch die weichen Wesenszüge des Antihelden präzise. Orfeo ist hier nicht nur ein unerschrockener Kerl, der es mit der Unterwelt aufnimmt, sondern ein zart besaiteter Mensch, der den Verlust seines Lieblingsmenschen beklagt.

Barock meets Elektronik

Rolando Villazón als Orpheus  | Bildquelle: Clemens Manser Bildquelle: Clemens Manser Raffinement griechischer Prägung bietet das 12köpfige Ensemble Latínitas Nostra. Der Dirigent Markellos Chryssicos führt es zu fantasievollem, hochkonzentriertem Musizieren. Neben historischen Instrumenten ist auch modernes Gerät im Einsatz: E-Gitarre, E-Bass, Theremin, singende Säge. Staunenswert ist diese „L’Orfeo“-Neuproduktion, die den Stempel des 39-jährigen Komponisten und Soundkünstlers Panos Iliopoulos trägt. Den typisch barocken Musiziergeist greift er auf, indem er dessen einstige Improvisations- und Variationsfreude in unsere Gegenwart transferiert: Live-Elektronische Klanggemälde verfremden und bereichern hier das 416 Jahre alte Original. Schon Monteverdi jongliert ja mit Hall- und Echo-Effekten: Panos Iliopoulos sieht darin zurecht eine Steilvorlage.

Blutiges Stimmengewirr

Gerade bei diesem Sujet überzeugt das zur Diskussion gestellte Konzept, denn es steht nun mal das doppelt gebrochene Ego, das doppelt gebrochene Herz des vereinsamten Orfeo im Fokus von Monteverdis Seelenlandschaften. Stilistische Brüche in der Musik spiegeln das in dieser Neuproduktion behutsam und geschmackvoll. Im Markgräflichen Opernhaus mündet die Tragödie sogar in eine schlüssige Vertonung des Epilogs, der nur in Textform existiert. Damit ähnelt das sonst verklärende Ende der Handlung plötzlich antiken Versionen des Stoffs: Wie dort wird Orfeo auch hier auf der Bühne von Bacchantinnen und Mänaden für seinen finalen Frauenhass bestraft und enthauptet. Regisseur Thanos Papakonstantinou mobilisiert mit leichter Hand eine feinsinnig gesponnene Ironie. Nie bösartig, stets liebevoll. Und wenn das Bühnenbild von Niki Psychogiou sich weitgehend mit monochromen Farbwerten zwischen Schwarz und Weiß begnügt, verweist das minimalistisch auf die Gegenwelten, um die sich hier so gut wie alles dreht. Nach pausenlosen 130 Minuten reagierten einige Premierengäste irritiert, die meisten aber mit Zustimmung.

Der Videostream von L'Orfeo von Monteverdi ist hier abrufbar.

Kommentare (2)

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Samstag, 16.September, 20:52 Uhr

Hela Schneider

Barock wunderbar extravagant

Ich kann mich Herrn Marios Sarantidis nur anschiessen, denn auch ich vermisse die Erwähnung der herausragenden, griechischen Sängerinnen und Sänger ebenfalls. Grosses Bravo an das gesamte Team, vielen Dank!

Donnerstag, 14.September, 18:33 Uhr

Marios Sarantidis

Unhöffliche Kritik! Unbekannte Leute…..

Schade dass Sie keine Name von Künstlern die dabei waren, schreiben.
Ohne das Ensemble gibts kein Orfeo. Die unbekannte Leute sind:
Myrsini Margariti
Theodora Baka
Savvina Yannatou
Lenia Zafiropoulou
Irini billini- Moraiti
Yannis Filias
Timos Sirlantzis
Marios Sarantidis

Danke! Cheers!

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