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Vladimir Ashkenazy wird 85 Viel spielen, viel können

Durch Beharrlichkeit und Ehrgeiz wurde der russische Musiker Vladimir Ashkenazy zunächst als Pianist weltbekannt. Und dann erlebte er eine zweite Karriere – als Dirigent. Sein Leben war dabei nicht immer einfach. Repressionen durch den Sowjetstaat trieben ihn in die Emigration. Sein Weg als Dirigent begann eher zufällig und wurde von Kritik begleitet. Am 6. Juli wird der große Musiker 85 Jahre alt.

Dirigent und Pianist Vladimir Ashkenazy | Bildquelle: © Decca / Ben Ealovega

Bildquelle: © Decca / Ben Ealovega

Viel spielen, viel können

Vladimir Ashkenazy wird 85

Das Studio ist wie sein zweites Zuhause: Kaum ein Pianist hat so viele Werke auf Platte eingespielt wie Vladimir Ashkenazy: Beide Bände des Wohltemperierten Klaviers von Bach, alle Mozart-Konzerte, Beethovens sämtliche Sonaten, fast alles von Chopin und Schumann oder Rachmaninow. Seine anatomischen Voraussetzungen waren dabei für einen Pianisten alles andere als ideal: Ashkenazy hat ziemlich kleine Hände. Doch dieser Umstand befeuert seinen Ehrgeiz. Er will herausfinden, was er erreichen kann mit dem, was die Natur ihm gegeben hat.

Von Moskau in die Welt

Vladimir Ashkenazy und seine Frau, 1963 | Bildquelle: picture alliance/United Archives | 91050/United_Archives/TopFoto Vladimir Ashkenazy mit seiner Frau bei einer Konzerttournee 1963 in Großbritannien. | Bildquelle: picture alliance/United Archives | 91050/United_Archives/TopFoto Am 6. Juli 1937 wird Vladimir Ashkenazy im russischen Gorki, heute Nischni Nowgorod, geboren. Er entstammt einer künstlerischen Familie: Die Mutter ist eine Schauspielerin, der Vater ein Tanzmusik-Pianist. Als der Junge fünf Jahre alt ist, bemerkt die Mutter seine Liebe zur Musik. Nach dem Umzug nach Moskau 1943 bekommt er seinen ersten Klavierunterricht. Ashkenazy studiert schließlich in Moskau, später gewinnt er den Chopin- und den Tschaikowsky-Wettbewerb. In den späten Sechzigerjahren verlässt er Russland. Zu emigrieren hatte er eigentlich nie geplant. Doch er und seine Frau bekamen das restriktive System der Sowjetunion immer mehr zu spüren: "Ich wurde von diversen sowjetischen Intuitionen vorgeladen und sie haben mir erklärt, dass ich meine Karriere vergessen kann, sollte meine isländische Frau nicht sowjetisch werden. Ich kann es heute noch kaum glauben, aber das ist keine fiktive Geschichte." Es wurde ihm zu heikel. Sein Reisen, sein Privatleben und seine Weltkarriere hing von der Willkür des Staatapparats ab. Bei einer Konzerttournee durch Großbritannien blieb die Familie dann schließlich im Westen und ließ sich in Island nieder.

Durch einen Zufall landet Ashkenazy am Dirigentenpult

Ab den 1970er-Jahren trat Ashkenazy zunehmend als Dirigent in Erscheinung. Dabei war sein erstes Konzert als Orchesterleiter eher eine Notlösung: Daniel Barenboim sollte zwei Konzerte in Island dirigieren, eines mit Ashkenazy am Klavier und eines mit dem Geiger Pinchas Zukerman. Doch der musste kurzfristig absagen. Barenboim sprang kurzerhand als Pianist ein und drängte Ashkenazy ans Pult. Auf die ersten vernichtenden Kritiken folgten immer öfter gute – wohl auch, weil Ashkenazy seinem Ehrgeiz und Pragmatismus folgte und unbeirrbar an der Vervollkommnung seiner dirigentischen Fähigkeiten arbeitete.

Dirigieren inspiriert mich enorm.
Vladimir Ashkenazy

Nach der zweiten Karriere ein glücklicher Lebensabend

Pianist und Dirigent Vladimir Ashkenazy (l) nach dem Konzert mit seinem Sohn, dem Klarinettisten Dmitry Ashkenazy (r), am 22.10.2005 in Moskau. Foto: Mikhail Fomichev +++(c) dpa - Report++ | Bildquelle: picture-alliance/ dpa/dpaweb | Tass Fomichev Mikhail Vladimir Ashkenazy nach einem Konzert mit seinem Sohn Dmitry Ashkenazy. | Bildquelle: picture-alliance/ dpa/dpaweb | Tass Fomichev Mikhail Diese Beharrlichkeit brachte ihm eine zweite Karriere ein: Ashkenazy wurde Chef des Royal Philharmonic Orchestra in London, Chef beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin und beim NHK-Orchestra in Tokio. Seine letzte Stelle als Chefdirigent hatte er bis 2014 in Sidney. Anschließend gab er als freier Pianist und vor allem noch als Dirigent Konzerte.
"Ich bin meinem Schicksal sehr dankbar, dass ich ein recht passabler Dirigent bin. Ich bin also sehr glücklich mit meinem Leben als Pianist und als Dirigent", so erzählte Vladimir Ashkenazy 2017 über sein Leben. Und auch wenn er drei Jahre später das Ende seiner aktiven Karriere bekannt gab, umgeben von Musik dürfte er, der jetzt 85 Jahre alt wird, weiterhin sein. Immerhin sind zwei seiner fünf Kinder selbst Musiker geworden.

Sendung: "Allegro" am 6. Juli 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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Mittwoch, 06.Juli, 10:53 Uhr

Liu

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstg

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