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Montag, 27.01.2020

04:45 bis 05:30 Uhr

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Bildquelle: BR

Zum 75. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau Zeuge der Zeit: Heinz Kounio

"Ich bin zurück!"

Was bleibt, wenn die letzten Zeitzeuginnen und -zeugen nicht mehr am Leben sind? Wie können ihre Erlebnisse der Nachwelt zugänglich gemacht werden? Die Porträtreihe "Zeuge der Zeit" versteht sich als filmisches Gedächtnis. In den intensiven Interviews der Filmschaffenden Andreas Bönte und Michaela Wilhelm-Fischer im Sinne einer "Oral History" berichten Zeitzeugen teilweise zum ersten Mal ausführlich über ihr Leben und machen auf diese Art Geschichte begreifbar.

Mitwirkende

 
Redaktion Andreas Bönte
"Jerusalem des Balkans" - so nannte man Thessaloniki um die Jahrhundertwende. In der multikulturellen Stadt leben Christen, Muslime und Juden friedlich miteinander. Die jüdisch-sephardische Gemeinde macht damals ein Viertel der Bevölkerung aus und prägt die lebendige Kultur und das Wesen der Stadt entscheidend. 1941 besetzt die deutsche Wehrmacht Thessaloniki, kurz darauf führt die SS die Rassengesetze in Griechenland ein. Das Leben der Juden ändert sich schlagartig. Sie werden zuerst zur Arbeit gezwungen, in Ghettos umgesiedelt und 1943 schließlich nach Auschwitz deportiert.

Betroffen ist fast die gesamte Gemeinde. Einer der wenigen Überlebenden ist Heinz Kounio, Sprachrohr der griechischen Holocaust-Opfer und Träger des deutschen Bundesverdienstkreuzes. Der damals 16-jährige Heinz, seine Eltern und seine Schwester überleben die Deportation und die Gefangenschaft in Auschwitz, weil sie Deutsch sprechen und der SS als Übersetzer bei den Selektionen an der Rampe dienen. Ein Zufall, ein Glücksmoment in einem gnadenlosen Vernichtungssystem. Nach seiner Rückkehr nach Thessaloniki schweigt Heinz Kounio nicht.

Die Erlebnisse unmenschlichsten Bedingungen und Tod in Auschwitz, die Vernichtung nahezu einer ganzen Gemeinde, sollen nicht vergessen werden. In jahrzehntelanger Arbeit sammelt Heinz Kounio tausende Namen aus der jüdischen Gemeinde seiner Heimat, die dem Holocaust zum Opfer gefallen sind. 2007 übergibt er schließlich seine Liste mit 37.724 Namen der Gemeinde in Thessaloniki und Yad Vashem in Jerusalem. Es ist sein Lebenswerk und sein Weg, das Trauma des Holocausts zu überwinden.

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