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Donnerstag, 21.10.2021

21:45 bis 22:30 Uhr

ARD alpha

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Bildquelle: BR

Aus Anlass des Todes von Max Volpert Zeuge der Zeit: Max Volpert

Ein Junge aus Litauen

Was bleibt, wenn die letzten Zeitzeuginnen und -zeugen nicht mehr am Leben sind? Wie können ihre Erlebnisse der Nachwelt zugänglich gemacht werden? Die Porträtreihe "Zeuge der Zeit" versteht sich als filmisches Gedächtnis. In den intensiven Interviews der Filmschaffenden Andreas Bönte und Michaela Wilhelm-Fischer im Sinne einer "Oral History" berichten Zeitzeugen teilweise zum ersten Mal ausführlich über ihr Leben und machen auf diese Art Geschichte begreifbar.

Mitwirkende

 
Redaktion Andreas Bönte
Max Volpert wird 1931 in Kaunas, Litauen in eine angesehene und freie jüdische Familie geboren. Alles ändert sich, als die Wehrmacht im Juni 1941 Litauen überfällt. Zu diesem Zeitpunkt ist Litauen seit einem Jahr von der Sowjetunion besetzt. Es finden grausame Pogrome an der jüdischen Bevölkerung statt. Mit der Wehrmacht zieht das Einsatzkommando 3 unter dem SS-Standartenführer Karl Jäger in das Gebiet und treibt die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung massiv voran. Max Volpert erlebt die folgende Zeit unzähliger Selektionen im Ghetto und weiterer Vernichtungsaktionen als Zehnjähriger Junge.

In wenigen Monaten ermordet das Einsatzkommando 3 über 138 000 Juden in ganz Litauen und Karl Jäger rühmt sich in seinem Bericht: „Ich kann heute feststellen, dass das Ziel, das Judenproblem für Litauen zu lösen, vom EK. 3 erreicht worden ist. In Litauen gibt es keine Juden mehr, außer den Arbeitsjuden incl. ihrer Familien.“ Als sich 1944 die Rote Armee dem Gebiet nähert, beginnen gewaltsame Deportationen zu den Vernichtungslagern in Auschwitz und Deutschland. Max Volpert kommt mit seinem Vater in das Außenlager Kaufering und wird bei den sogenannten Mollwerken am Bau des Bunkers für die Messerschmitt 262 nahe Landsberg gezwungen. Er wird nach einem Todesmarsch in Dachau befreit. Er ist 14 Jahre alt.

Sein Vater überlebte die unmenschlichen Bedingungen am Bau nicht. Erst Jahre später erfährt Max Volpert, dass seine Mutter und seine kleine Schwester in Auschwitz ermordet wurden. Regelmäßig erzählt Max Volpert in Israel, wo er heute lebt, und in Deutschland von seinen Erlebnissen: „Wir sind ja die letzten Zeitzeugen, die da sind. Wenn ihr Großeltern sein werdet, werdet ihr die Möglichkeit haben euren Enkel zu erzählen, dass ihr vor Jahren einen Häftling gesehen habt, der den ganzen Nazismus überlebte. Wenn das passiert ist, für mich ist das eine sehr wichtige Sache.“

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