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Samstag, 22.07.2023

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Am liebsten verbringt Ota seine Zeit damit, stundenlang zu zeichnen, und vergisst dabei alles um sich herum. | Bildquelle: BR/MDR/Markus Zerrgiebel

Bildquelle: BR/MDR/Markus Zerrgiebel

EUROBLICK

Alle lieben Ota · Große Kunst aus Böhmen

Das Magazin "EUROBLICK" hat sich zum Ziel gesetzt, europäische Zusammenhänge zu erklären und dabei die farbigen Unterschiede europäischer Regionen lebendig darzustellen.

Mitwirkende

 
Redaktion Susanne Glass
Galerien in New York und Paris bieten seine Grafiken an. Als Künstler ist Ota Prouza weltweit anerkannt, doch er selbst weiß davon nicht viel.
Vormittags faltet er Wäsche in einem Behindertenheim, nachmittags durchstöbert er unermüdlich die Container der Umgebung nach alten Zeitschriften, aus denen er Fotos in tagebuchartige Journale klebt.
Der 62-Jährige ist mental eingeschränkt und lebt in einer Einrichtung für geschütztes Wohnen im nordböhmischen Rumburk in den Sudeten. Abends malt er hier die Welt, wie er sie sieht – die Nase fast auf dem Schreibtisch, weil die Augen schlecht sind, er eine Brille aber ablehnt. So entstehen auf meterlangen Papierbahnen Straßenschluchten und urbane Dschungel, verworrene Systeme von ganz eigener Schönheit – ein Kosmos für sich.
Im renommierten Prager Gegenwartskunst-Zentrum DOX schieben Arbeiter ein meterhohes Gerüst durch den Saal. Kuratorin Terezie Zemánková muss Ota Prouzas Bilder-Schlangen ganz oben an der Hallendecke aufhängen lassen. Die jedes Format sprengenden Bildbahnen sind der Blickfang und auch das Herzstück der Art-Brut-Ausstellung im DOX. Es sind Bilder, wie sie im akademischen Kunstbetrieb nie entstehen könnten, sagt Zemánková: Man müsse, so wie Ota, nur für sich selbst malen, um die innere Freiheit zum Unmöglichen zu finden.
Bei der Vernissage kommt auch Ota Prouza nach Prag. Im schwarzen Anzug, aber ohne Gebiss. Denn so wichtig sei das hier doch auch wieder nicht, sagt Ota grinsend. Und lässt die Prager Kunstszene an sich vorbeistreifen – zufrieden, aber unbeeindruckt. Und ganz er selbst.

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