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Donnerstag, 29.03.2018

12:05 bis 14:00 Uhr

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Max Reger | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Aus dem Studio Franken: Mittagsmusik

Mit Tobias Föhrenbach

Bis Mitte 2022 gab es die Sendung "Mittagsmusik" auf BR-KLASSIK. Hier könnnen Sie weiterhin in den Archiven der Sendung schmökern.

"Wer wichtiges zu sagen hat, der macht keine langen Sätze!" So hieß einst ein Werbeslogan der Bild-Zeitung. Ja, ein Werbeslogan, aber zugleich auch ein Aphorismus - ein kluger Spruch, eine weise Einsicht, auf den Punkt gebracht mit wenigen Worten. Als literarisch-philosophische Kunstform gibt es den Aphorismus spätestens seit den französischen Moralisten des 16. und17. Jahrhunderts, prominent vertreten zum Beispiel durch François de La Rochefoucauld. Bis heute ist die Kunstform des Aphorismus kraftvoll und vital. Auch in der Musik, in der es den Aphorismus seit den lyrischen Klavierstücken der Romantik, den sogenannten Charakterstücken gibt. Im Neoklassizimus, in der Neuen Sachlichkeit und in der Neuen Einfachheit nach dem 1. Weltkrieg kommen musikalische Aphorismen dann gehäuft auf uns zu - zumal als Gegenreaktion auf die lange, schwere ausdrucksmäßig überbordende deutsch-österreichische Spätromantik.

Ein dutzend Weißwürste zum Frühstück

Unter dem Motto "In der Kürze liegt die Würze" stellen wir Ihnen im Thema der Woche jeden Tag in der Mittagsmusik einen musikalischen Aphorismus vor. Am Donnerstag kommt er ausgerechnet von einem Komponisten, der eigentlich als Galionsfigur jener schweren, komplizierten, ja überladenen deutschen Musik der Spätromantik gilt: Max Reger aus der Oberpfalz, ein Mann der Maßlosigkeit, der ein Dutzend Weißwürste zum Frühstück verdrücken konnte und dann das längste, schwierigste und vor Chromatik schier platzende Violinkonzert komponierte. Doch nichts ist, wie es erscheint. Max Reger konnte auch anders. 1913 komponierte er mit seiner Ballettsuite ein kurzweiliges, bezauberndes, duftig leichtes Werk - klangsinnlich und elegant in der melodischen und harmonischen Erfindung, geschliffen im Rhythmus, raffiniert in der Orchestrierung sowie schlank gestylt im formalen Design. Keiner der sechs Sätze ist länger als dreieinhalb Minuten, der kürzeste dauert nur zwei Minuten.

"Valse d'Amour" - ein kurzer Flirt

An vorletzter Stelle der Satzfolge steht die "Valse d'Amour". Dieser "Liebeswalzer" hat nur wenig mit all den Walzer der komponierenden "Sträuße" der Musikgeschichte zu tun. Weder mit Johann Strauß noch mit Richard Strauss noch mit Oscar Straus! Sie ist ureigenster Reger: ein grandioser polyphoner Walzer, bei dem die Melodie - von den Violinen zunächst "espressivo e sonore" (ausdrucksvoll und klangvoll) vorgetragen - durchgehend von aparten Kontrapunkten umschmeichelt, ja liebkost wird. Das Ganze aber ist verdichtet und konzentriert zu Musik von nicht einmal drei Minuten! Ein kurzer Flirt. In der Kürze liegt die Würze. Wundervoll! Zauberhaft!

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