BR-KLASSIK

Inhalt

Freitag, 28.05.2021

12:05 bis 14:00 Uhr

BR-KLASSIK

zur Übersicht
Ulrich Sommerlatte | Bildquelle: Ulrich Sommerlatte

Bildquelle: Ulrich Sommerlatte

BR Franken Mittagsmusik

Mit Susanne Kruse

Bis Mitte 2022 gab es die Sendung "Mittagsmusik" auf BR-KLASSIK. Hier könnnen Sie weiterhin in den Archiven der Sendung schmökern.

"À la Manière de…" - Wenn Komponisten im Stil von Kollegen schreiben

"Im Stil von…", "Nach der Art von…", "In der Manier von…". Unzählige Stücke mit solchen Titeln gibt es in der Musikgeschichte. Sie sind Ergebnis einer vielgeübten Praxis: Ein Komponist macht es einem anderen Komponisten nach und schreibt Stücke in dessen Stil. Häufig stehen dahinter Studienzwecke, getreu dem Ratschlag von Maurice Ravel, wonach man das Handwerk anderer studieren müsse, um sein eigenes beherrschen zu lernen. Oft sind diese Arbeiten im Stil von anderen aber auch Zeichen der Verehrung und Bewunderung. Und schließlich sind sie vielfach auch Parodien und dabei Ausdruck von Witz und Humor.

Variationen über das Lied "Der alte Peter" für Orchester

Voller Witz und Humor in diesem Sinn ist eines der bekanntesten und beliebtesten Werke von Ulrich Sommerlatte - deutscher Komponist, Arrangeur und Dirigent, Großmeister der gehobenen, semi-symphonischen Unterhaltungsmusik der Nachkriegsjahrzehnte. 1914 kam er in Berlin zur Welt, 2002 ist er in Tegernsee gestorben. In Bayern hatte er seit 1949 auch sein Lebenszentrum und arbeitete viel mit dem Bayerischen Rundfunk in München zusammen. Untrennbar verbunden mit München ist auch jenes Orchesterwerk, das zu den bekanntesten und beliebtesten von Ulrich Sommerlatte gehört. Es sind die Variationen in der Manier diverser Komponisten und Stilrichtungen über das Volkslied "Solang der alte Peter", mithin eine "Stadthymne" Münchens, die ein Wahrzeichen der Metropole besingt - den "Alten Peter" genannten Turm der Peterskirche hinter dem Marienplatz

Bunte Sequenz genialer Stilübungen

Am Anfang wird die Volksmelodie vom "Alten Peter" durch das Glockenspiel vorgestellt, unterlegt von ahnungsvoller Streichergrundierung. Die bunte Sequenz von genialen Stilübungen beginnt danach mit einem festlich-barocken Entrée, überschrieben "Am Fürstenhof". Dort hört man Echos und Reminiszenzen von Charpentier, Lully und Rameau, von Bach und Händel - von fast der ganzen Prominenz der Barockzeit. Der zweite Auftritt gehört Mozart, mit einem "namenlosen" Allegro moderato grazioso in seinem Stil. Zwei große Richards laufen im Mittelfeld auf: Richard Wagner mit einer Parodie auf die "Tannhäuser"-Ouvertüre und Richard Strauss mit einer zarten "Rosenkavalier"-Hommage, fein gewürzt mit Original-Zitaten. Der sechste Satz trumpft mit "Carmina-Burana"-Zitaten auf: Carl Orff wird gewürdigt. Mit dem siebten und vorletzten Satz parodiert Sommerlatte augenzwinkernd Klangwelten der Münchner Musica-viva-Konzerte - das Gestische, Disparate und Dissonante der Avantgarde blitzt auf. Der achte Satz, das krönende Finale, ist überschrieben mit "So klingt's in München". Nach dem Einstieg in Volksmusik-Manier kommt ein stampfender Ländler in Gang, bei dem man schließlich nicht mehr weiß, was eigentlich parodiert wird - das Volkslied "Der alte Peter" oder das Trinklied "In München steht ein Hofbräuhaus". So klingt's halt in München. Finis.

    AV-Player